«
»

Top

"Wir müssen alles versuchen, um die Not der Menschen zu lindern, die verzweifelt auf ein Herz oder andere Organe warten"

Veröffentlicht am 04.12.2017 • Von Giovanni Mària

"Wir müssen alles versuchen, um die Not der Menschen zu lindern, die verzweifelt auf ein Herz oder andere Organe warten"

Vor 50 Jahren verpflanzte Christiaan Barnard erstmals ein menschliches Herz. Sein Nachfolger Bruno Reichart blickt zurück – und nach vorn. Ein Gespräch

DIE ZEIT: Herr Reichart, gibt es so etwas wie einen magischen Moment bei einer Herztransplantation?

Bruno Reichart: Ja, den gibt es. Sie müssen sich vorstellen: Auf dem OP-Tisch liegt der Patient, wir haben sein krankes Herz entfernt, es muss jetzt schnell gehen. Wir nähen das gesunde neue Herz ein, verbinden es mit den Gefäßen, machen alles, was nötig ist. Und dann, wenn dieses neue Herz anfängt zu schlagen, das ist jedes Mal wieder ein großer Augenblick. Diese Herzschläge bedeuten: Leben, Leben, Leben!

ZEIT: Sie haben Hunderte von Herzen transplantiert. Haben Sie einen Überblick, wie es Ihren Patienten ergangen ist?

Reichart: Mehr als 70 Prozent von ihnen schaffen die ersten fünf Jahre. Viele von ihnen leben heute noch, mein allererster Patient lebte mehr als 20 Jahre mit dem neuen Herzen. Und dann starb er nicht am Herzen, er hat sich umgebracht. Er war depressiv. Auf gewisse Weise war er ein Opfer der damaligen Umstände: Seinerzeit durfte ein Herztransplantierter nicht mehr arbeiten, er war sozusagen lebenslang krankgeschrieben. Darunter hat der Mann sehr gelitten. Es konnte sich keiner vorstellen, dass ein Mensch nach solch einer Operation wieder arbeitsfähig ist. Heute ist das klar: Menschen mit einem neuen Herzen sind oft schon nach wenigen Wochen wieder fit. Sie müssen Medikamente nehmen, ja, aber sie führen ein völlig normales Leben. Wenn wir unsere Treffen mit meinen alten Patienten veranstalten, herrscht immer eine fröhliche, ausgelassene Stimmung.

ZEIT: Es gab lange Jahre einen berühmten Taxifahrer im Klinikum Großhadern ...

Reichart: ... den Herrn Heller, ja. Ein wichtiger Mann, denn er war selbst herztransplantiert. Er holte immer die Leute ab, die auf ein neues Herz warteten. Schauen Sie mich an: So gut wird es Ihnen auch bald wieder gehen – das war seine Botschaft. Es ist ein großer Irrtum, zu glauben, Ärzte seien besonders gute Gesprächspartner für kranke Menschen. Mitpatienten oder ehemalige Patienten sind viel besser, sie wissen nämlich, was es bedeutet, krank zu sein.

 
ZEIT: Hat ein Chirurg Angst vor den großen Operationen?

Reichart: Er sollte Angst haben. Angst oder vielleicht auch Respekt ist etwas Gutes, weil es ihn daran erinnert, dass immer etwas schiefgehen kann. Und man sollte vor einer Operation im Kopf immer alle Möglichkeiten durchgehen. Dann ist man während der Operation ruhig.

ZEIT: Am frühen Morgen des 3. Dezember 1967 transplantierte Christiaan Barnard in Kapstadt dem Patienten Louis Washkansky das Herz einer jungen Frau: die erste Herztransplantation von Mensch zu Mensch überhaupt. Auf Barnards Vorschlag wurden Sie später, im Jahr 1984, sein Nachfolger in Kapstadt. Was war Barnard für ein Mensch?

Reichart: Barnard hat einmal über sich selbst gesagt: "Ich bin launisch, selbstsüchtig und ein irritierender Perfektionist, ich bin rechthaberisch, Bescheidenheit ist nicht meine Stärke, aber abgesehen von diesen Eigenschaften bin ich ein richtig netter Mensch." Und man muss sagen: Diese Beschreibung trifft ihn ganz gut. Barnard war ein Mann, der wenige moralische Grenzen kannte.

ZEIT: Wie meinen Sie das?

Reichart: Ich bezog damals sein altes Büro, und ich fand in seinem Schreibtisch einige beschriftete Dia-Hüllen, die Dias waren nicht dabei. Auf einer Hülle stand: "Hund mit zwei Köpfen". Ich fürchte, auch das hat er gemacht. Ohne jeden medizinischen Sinn, einfach nur, weil er es mal probieren wollte.

ZEIT: Würden Sie trotzdem sagen, er war ein großer Arzt?

Weiter lesen könnt ihr, wenn ihr auf den Link klickt...

 

zeit.de

avatar Giovanni Mària

Autor: Giovanni Mària, International Traffic Manager

>> Mehr erfahren

Kommentare

Sie werden auch mögen

Die Macht der Gerüche über unsere psychische Gesundheit

Die Macht der Gerüche über unsere psychische Gesundheit

Den Artikel lesen
Weltgesundheitstag: Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen, der Schlüssel zum Gesundbleiben!

Weltgesundheitstag: Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen, der Schlüssel zum Gesundbleiben!

Den Artikel lesen
Impfungen gegen COVID-19: Informationen und Meinungen der chronisch Erkrankten

Impfungen gegen COVID-19: Informationen und Meinungen der chronisch Erkrankten

Den Artikel lesen
Welche Gefahren sind mit bestimmten rezeptfreien Medikamenten verbunden?

Welche Gefahren sind mit bestimmten rezeptfreien Medikamenten verbunden?

Den Artikel lesen

Meistkommentierte Diskussionen