«
»

Top

Mit Medikamenten am Steuer

Veröffentlicht am 22.06.2018 • Von Giovanni Mària

Mit Medikamenten am Steuer

Schwindel, Benommenheit, plötzliche große Müdigkeit: Viele Medikamente können solche Nebenwirkungen auslösen und die Fahrtüchtigkeit beeinflussen. Mit welchen Konsequenzen Patienten rechnen müssen, wenn sie trotzdem ins Auto steigen, erklärt Frank-Roland Hillmann, Fachanwalt für Verkehrsrecht in Oldenburg, im aktuellen Thema der Woche.

Im Beipackzettel des Medikaments steht, dass es die Teilnahme am Straßenverkehr beeinträchtigen kann. Muss der Anwender das Auto nun stehen lassen?
Hillmann: Nein, nur dann, wenn eine tatsächliche Beeinträchtigung gegeben ist. Da ist die Eigenverantwortung jedes einzelnen Verkehrsteilnehmers gefragt. Es gilt: Wer sich nicht absolut fahrtüchtig fühlt und auch nur leichtes Unwohlsein verspürt, sollte vorsichtshalber auf die Verkehrsteilnahme verzichten.

Mit welchen Konsequenzen müssen Patienten rechnen, wenn sie trotzdem ins Auto steigen?
Hillmann:Wenn etwas passiert, kann der Straftatbestand der sogenannten "relativen Fahruntüchtigkeit" greifen. Das kann für den Fahrer mit einer Geldstrafe, einer Entziehung der Fahrerlaubnis oder sogar einer Freiheitsstrafe enden. Zudem drohen versicherungsrechtliche Konsequenzen. Zwar verliert der Fahrer nicht den Versicherungsschutz für Schäden an anderen
Fahrzeugen oder Personen, wohl aber möglicherweise den Schutz der eigenen Vollkaskoversicherung. Außerdem kann die Kfz-Haftpflichtversicherung wegen der an andere gezahlten Schadensersatzzahlungen bis zu 5 000 Euro Regress nehmen.

Wie lässt sich nachweisen, ob ein Verkehrsteilnehmer tatsächlich unter Medikamenteneinfluss gefahren ist?
Hillmann:Objektiv lässt sich ein solcher Nachweis nur durch einen Bluttest ermitteln und wenn der nicht erbracht wurde, dann ist der Nachweis sehr schwierig. Bei jedem merkwürdigen und auffälligen Unfallereignis besteht jedoch der Verdacht auf Fahrunfähigkeit, der von der Staatsanwaltschaft verfolgt wird. Ist ein solcher Bluttest nicht gemacht worden, ist ein Nachweis sehr schwierig. Zeugenaussagen sind bekanntlich die schlechtesten Beweise, weil diese immer nur den subjektiven Eindruck des Zeugen widerspiegeln und nie objektivierbar sind.

Seit März 2017 dürfen Ärzte Cannabis zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnen. Was gilt hier? Dürfen Patienten, die aus medizinischen Gründen Cannabis einnehmen, am Straßenverkehr teilnehmen?
Hillmann:Das ist ein großes Problem, über das zuletzt auf dem 56. Verkehrsgerichtstag in Goslar gestritten wurde. Ja, sie dürfen tatsächlich am Straßenverkehr teilnehmen. Sie machen sich grundsätzlich nicht strafbar und begehen auch keine Ordnungswidrigkeit, solange sie keine der oben genannten Auffälligkeiten zeigen. Ohne Attest ist das schon bei ganz kleinen Mengen nicht nur eine Ordnungswidrigkeit, sondern führt sofort zur Entziehung der Fahrerlaubnis, mit Attest jedoch nicht. Der Verkehrsgerichtstag hat sich daher dafür ausgesprochen, dass das dringend einer Überprüfung durch den Gesetzgeber bedarf. Denn die Gefährlichkeit für die Allgemeinheit wird ja nicht durch ein Attest aufgehoben.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Natascha Koch.

Aponet

avatar Giovanni Mària

Autor: Giovanni Mària, International Traffic Manager

>> Mehr erfahren

9 Kommentare


Eva_Be • Community Managerin
am 22.06.18

Schwindel, Benommenheit, plötzliche große Müdigkeit: Viele Medikamente können solche Nebenwirkungen auslösen und die Fahrtüchtigkeit beeinflussen. Mit welchen Konsequenzen Patienten rechnen müssen, wenn sie trotzdem ins Auto steigen, erklärt Frank-Roland Hillmann, Fachanwalt für Verkehrsrecht in Oldenburg.

Im Beipackzettel des Medikaments steht, dass es die Teilnahme am Straßenverkehr beeinträchtigen kann. Muss der Anwender das Auto nun stehen lassen?
Hillmann: Nein, nur dann, wenn eine tatsächliche Beeinträchtigung gegeben ist. Da ist die Eigenverantwortung jedes einzelnen Verkehrsteilnehmers gefragt. Es gilt: Wer sich nicht absolut fahrtüchtig fühlt und auch nur leichtes Unwohlsein verspürt, sollte vorsichtshalber auf die Verkehrsteilnahme verzichten.

Mit welchen Konsequenzen müssen Patienten rechnen, wenn sie trotzdem ins Auto steigen?
Hillmann:Wenn etwas passiert, kann der Straftatbestand der sogenannten "relativen Fahruntüchtigkeit" greifen. Das kann für den Fahrer mit einer Geldstrafe, einer Entziehung der Fahrerlaubnis oder sogar einer Freiheitsstrafe enden. Zudem drohen versicherungsrechtliche Konsequenzen. Zwar verliert der Fahrer nicht den Versicherungsschutz für Schäden an anderen
Fahrzeugen oder Personen, wohl aber möglicherweise den Schutz der eigenen Vollkaskoversicherung. Außerdem kann die Kfz-Haftpflichtversicherung wegen der an andere gezahlten Schadensersatzzahlungen bis zu 5 000 Euro Regress nehmen.

Wie lässt sich nachweisen, ob ein Verkehrsteilnehmer tatsächlich unter Medikamenteneinfluss gefahren ist?
Hillmann:Objektiv lässt sich ein solcher Nachweis nur durch einen Bluttest ermitteln und wenn der nicht erbracht wurde, dann ist der Nachweis sehr schwierig. Bei jedem merkwürdigen und auffälligen Unfallereignis besteht jedoch der Verdacht auf Fahrunfähigkeit, der von der Staatsanwaltschaft verfolgt wird. Ist ein solcher Bluttest nicht gemacht worden, ist ein Nachweis sehr schwierig. Zeugenaussagen sind bekanntlich die schlechtesten Beweise, weil diese immer nur den subjektiven Eindruck des Zeugen widerspiegeln und nie objektivierbar sind.

Der Text stammt von der Seite Aponet, die Fragen stellte Natascha Koch.

--

Wie sind eure Erfahrungen? Setzt ihr euch noch hinters Steuer?

Habt ihr schon gemerkt, dass ihr euch beim Autofahren nicht sicher fühlt?

Oder habt Ihr Tipps?

Ich freue mich auf den Austausch.


Rogerone00
am 28.06.18

Hallo,

mein Name ist Rüdiger, ich nehme schon seit jahren Pschychpharmaka ein, aber ich habe noch nie Nachteile oder Nebenwirkungen im Straßenverkehr an mir gespürt, deshalb fühle ich mich sicher im Straßenverkehr, weil ich auch umsichtig fahre und somit andere Verkehrsteilnemer nicht gefährde.


Rogerone00
am 28.06.18

Ach so, ich nehme folgende medikamente ein: Carbadura=200 mg, Doxepin=50 mg, Amisulprid=

200 mg, Venlafaxin=75mg täglich ein....


Eva_Be • Community Managerin
am 02.07.18

Vielen Dank für die Rückmeldung @Rogerone00‍. 

Wie sieht es bei anderen aus, fahrt ihr auch normal Auto?


Manuela56 • Botschafter-Mitglied
am 02.07.18

Guten Abend. Ich nehme morgens nur meine Schilddrüsentablette, die muss ich ja eine halbe Stunde vor dem Frühstück einnehmen. Ich gehe auch nie ohne Frühstück zur Arbeit. Esse eine Scheibe Brot und eine Banane oder Apfel. Alle anderen Medikamente nehme ich abends  ein. Aber wenn ich weiß, dass ich mit dem Auto weg muss, nehme ich die, bevor ich ins Bett gehe. 

Sie werden auch mögen

Die Macht der Gerüche über unsere psychische Gesundheit

Die Macht der Gerüche über unsere psychische Gesundheit

Den Artikel lesen
Weltgesundheitstag: Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen, der Schlüssel zum Gesundbleiben!

Weltgesundheitstag: Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen, der Schlüssel zum Gesundbleiben!

Den Artikel lesen
Impfungen gegen COVID-19: Informationen und Meinungen der chronisch Erkrankten

Impfungen gegen COVID-19: Informationen und Meinungen der chronisch Erkrankten

Den Artikel lesen
Welche Gefahren sind mit bestimmten rezeptfreien Medikamenten verbunden?

Welche Gefahren sind mit bestimmten rezeptfreien Medikamenten verbunden?

Den Artikel lesen

Meistkommentierte Diskussionen