Neue Studie: Parkinson beginnt möglicherweise im Blinddarm
Veröffentlicht am 09.11.2018 • Von Giovanni Mària
Morbus Parkinson ist eine Erkrankung, die zu einem langsam fortschreitender Verlust von Nervenzellen führt und wird seit langem als Gehirnerkrankung betrachtet. Eine neue Studie fand nun heraus, dass der Ursprung der Krankheit möglicherweise an einer ganz anderen Stelle liegt, nämlich im Darm, genauer gesagt im Blinddarm.
Basierend auf den Daten aus schwedischen Gesundheitsregistern von 1,7 Millionen Patienten, die über einen Zeitraum von über 50 Jahren beobachtet wurden, sowie einem zweiten US-Datensatz mit 849 Personen, fanden Forscher heraus, dass diejenigen, deren Blinddarm im frühen Erwachsenenalter entfernt worden war, ein um 19% niedrigeres Risiko zeigten an Parkinson zu erkranken, so die Studie in der Zeitschrift Science Translational Medicine.
"Unsere Studien legen nahe, dass der Blinddarm eine Gewebestelle sein könnte, die eine Rolle bei frühen Vorkommnissen oder bei Ensteheung der Parkinson-Krankheit spielt." sagte Studienautorin Viviane Labrie, Assistenzprofessorin am Van Andel Research Institute in Michigan.
Der Blinddarm, ein nutzloses Organ?
Oft wird der Blinddarm als nutzloses Organ betrachtet, vielleicht zu Unrecht. Laut der Forscher stellt er eine Speicherstätte für Darmbakterien dar und scheint auch eine Sammelstelle für ein Schlüsselprotein zu sein, das an Parkinson beteiligt ist, bekannt als Alpha-Synuclein.
Die Forscher vermuten, dass in seltenen Fällen das Alpha-Synuclein aus dem Blinddarm austreten und in das Gehirn eindringen und so Parkinson auslösen könnte. Die Forscher halten es für möglich, dass in der Zukunft eine medikamentöse Therapie entwickelt werden könnte, die die Ansammlung des Proteins im Blinddarm reduziert und so das Risiko an Parkinson zu erkranken, verringert.
In der Zwischenzeit betonen die Experten aber, dass eine vorsorgliche Blinddarmentfernung mit der Absicht das Parkinson-Risiko zu senken, nicht zu empfehlen ist. Es bedarf weiterer Forschung, um die genaue Rolle des Blinddarms bei der Entstehung von Parkinson zu verstehen.
Darm-Gehirn-Verbindung
Laut Kevin McConway, emeritierter Professor für angewandte Statistik an der Open University, geht die Studie "einen Teil des Weges um herauszufinden, wie und warum Blinddarmentfernungen und die Parkinson-Krankheit in Zusammenhang stehen könnten". Conway, der nicht an der Forschung beteiligt war, fügt hinzu, dass "mehrere frühere Studien nach Beziehungen zwischen der Entfernung des Blinddarms und anderen Krankheiten, einschließlich Herzkrankheiten und verschiedenen Darmerkrankungen, gesucht haben. Bei manchen der Erkrankungen war die Entfernung des Blinddarms mit einem verringerten Krankheitsrisiko verbunden, bei anderen aber, einschließlich Herzerkrankungen, mit einem erhöhten Risiko."
Die neuesten Erkenntnisse repräsentieren die bisher größte und am längsten laufende Studie. Auch wenn das letzte Wort in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen ist, stärken die Erkenntnisse das Wissen der Wissenschaftler über die enge Verbindung zwischen Gehirn und Darm, der tatsächlich viele Neuronen enthält, die über den Vagusnerv mit dem Gehirn verbunden sind.
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Die Parkinson-Krankheit ist eine unheilbare neurodegenerative Erkrankung, von der ungefähr 1% der Weltbevölkerung über 60 Jahren betroffen ist. In Deutschland wird die Zahl der Parkinson-Patienten auf etwa 250 000 bis 280 000 geschätzt.
AFP
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