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Typ-1-Diabetes und Essstörungen: Wie können sie erkannt und behandelt werden?

Veröffentlicht am 16.12.2021 • Von Claudia Lima

Typ-1-Diabetes ist eine Krankheit, die mit regelmäßigen Insulininjektionen sowie einer strengen Überwachung der Ernährung behandelt werden kann. 
Dies kann bei empfindlichen und anfälligen Personen zu Essstörungen führen. 

Welche sind das? Wie werden sie ausgelöst? Wie kann man ihnen vorbeugen?
Wenn Sie Antworten suchen, lesen Sie unseren Artikel! 

Typ-1-Diabetes und Essstörungen: Wie können sie erkannt und behandelt werden?

Es besteht trotz der Wichtigkeit einer ausgewogenen Ernährung bei der Behandlung von Typ-1-Diabetes ein Zusammenhang zwischen dieser Erkrankung und Essstörungen. 

Diabetes ist eine autoimmune und chronische Erkrankung. Es handelt sich um eine Fehlfunktion der Mechanismen zur Regulierung des Blutzuckerspiegels. Der insulinabhängige Diabetes Typ 1 (T1D) entsteht durch die Zerstörung der insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse, man spricht von einem vollständigen Insulinmangel. Die Behandlung dieser Erkrankung erfolgt durch Insulin-Injektionen, was ermöglicht, den Blutzuckerspiegel zu senken. 

Patienten mit Typ-1-Diabetes gelten als hochgradig gefährdet, eine Essstörung zu entwickeln

Essstörungen sind komplexe Störungen, die hauptsächlich durch abnormale Essgewohnheiten, intensive Angst vor einer Gewichtszunahme und große Sorge um das Körperbild gekennzeichnet sind. Zu den verschiedenen Arten von Essstörungen gehören Anorexie, Bulimie und Binge Eating (eine Störung, die durch wiederkehrende Episoden von Essanfällen gekennzeichnet ist, die nicht mit kompensatorischen Verhaltensweisen wie Erbrechen oder dem Gebrauch von Abführmitteln einhergehen).  

Essstörungen sind in Deutschland häufig vorkommende Erkrankungen. Etwa 14 von 1 000 Frauen und 5 von 1 000 Männern leiden an einer Esstörung. Von Bulimie und der Binge-Eating-Störung sind überwiegend Frauen betroffen (jeweils etwa 85%).

Warum sind Typ-1-Diabetes und Essstörungen miteinander verbunden?

Menschen mit Diabetes weisen häufiger Essstörungen auf als die allgemeine Bevölkerung. Bei Typ-1-Diabetes hat der Insulinmangel einen großen Einfluss auf den Gewichtsverlust, was zu einer schlechten Therapietreue führen kann. Einige Patienten schränken die Einnahme ihrer Medikamente ein, um Gewicht zu verlieren, und riskieren dadurch ernsthafte Komplikationen wie Erblindung oder Amputationen. Dieses Problem ist vor allem in der Adoleszenz von Bedeutung.

Die Ursache für dieses Verhalten liegt häufig darin, dass die Injektion von Insulin zur Behandlung von insulinabhängigem Diabetes dazu führt, dass Zucker in die Körperzellen gelangt, um dort Energie zu gewinnen, und dass überschüssiger Zucker als Fett gespeichert wird. Das Hauptrisiko besteht darin, dass der überschüssige Zucker ohne Insulin im Blut verbleibt und die kleinen Gefäße des Körpers wie die der Augen, der Nieren und der Extremitäten schädigt.  

Diese pathologischen Verhaltensweisen zielen darauf ab, das Gewicht durch Erbrechen, Abführmittel, Diuretika, sehr restriktive Diäten, Fastenzeiten ... unter Kontrolle zu halten.

Die Prävalenz von Anorexia nervosa bei Typ-1-Diabetes-Patienten ist vergleichbar mit der in der Allgemeinbevölkerung. Die der Bulimie scheint hingegen höher zu sein. In diesem Fall spricht man von „Diabulimie“.

Was ist „Diabulimie“? 

Dieser nichtmedizinische Begriff fasst zwei Krankheiten zusammen: Typ-1-Diabetes und eine Essstörung. Zwei Krankheiten, die schon gefährlich sind, wenn sie einzeln auftreten. In den Medien wird diese Störung aufgrund der katastrophalen Folgen für den Körper als die gefährlichste Essstörung der Welt bezeichnet.

Einer Studie der Diabetes Care Association zufolge sind am häufigsten junge Patienten mit Typ-1-Diabetes im Alter zwischen 15 und 30 Jahren betroffen, die überwiegend weiblich sind, perfektionistisch sind, ein geringes Selbstwertgefühl haben und in einem komplexen familiären Umfeld leben. 

Patienten mit Diabulimie nutzen die Wirkung des Insulins auf den Stoffwechsel aus, um ihr Gewicht extrem niedrig zu halten. Typischerweise wird die Person, die an Diabulimie leidet, die Insulindosis auf die Gefahr hin begrenzen, ein hyperglykämisches Koma zu verursachen, um schlank zu bleiben und zu verhindern, dass das Insulin zur Gewichtszunahme beiträgt. Sie wird diese Insulinverweigerung mit Essanfällen kombinieren.

Die Komplikationen der Diabulimie sind ein erhöhtes Risiko für Nierenschäden, ein erhöhtes Risiko für Erblindung oder diabetische Retinopathie, eine beeinträchtigte periphere Durchblutung (diabetischer Fuß), verspätete oder ausbleibende Menstruation, Wachstumsstop, Haarausfall, Hautprobleme, Ketoazidose und andere. Außerdem ist die Selbstmordrate bei dieser Bevölkerungsgruppe hoch.

Diabulimie wird heute noch nicht als Essstörung anerkannt, obwohl schätzungsweise 6-7 % der Typ-1-Diabetes-Patienten daran leiden. Es gibt daher noch keine Betreuung.   

Welche Risikofaktoren gibt es für die Entwicklung einer Essstörung bei Typ-1-Diabetes? 

Bestimmte Aspekte des Diabetes können zum Ausbruch oder zum Andauern einer dieser Störungen beitragen.

Beispielsweise kann der Beginn einer Diät zur Behandlung des Diabetes ein Auslöser sein, das Krankheitsmanagement erfordert eine Quantifizierung der Kohlenhydratzufuhr und eine stärkere Kontrolle der Ernährung, und wenn die Person psychisch anfällig ist, kann sie für die Entwicklung einer Essstörung prädisponiert sein. 

Es wurde ebenfalls festgestellt, dass die meisten neu diagnostizierten Personen mit Typ-1-Diabetes zu Beginn der Behandlung an Gewicht zunehmen. Außerdem ist Insulin ein Hormon, das bei einer sitzenden Person die Einlagerung von Fettmasse begünstigen kann und umgekehrt bei einer körperlich aktiven Person den Aufbau von Muskelmasse fördert, was das Gewicht auf der Waage erhöhen kann.

Auch die psychologischen Auswirkungen dieser chronischen Erkrankung müssen berücksichtigt werden.  

Auf welche Anzeichen sollte geachtet werden? 

Angesichts des Todesrisikos bei Diabetikern mit Essstörungen ist es von entscheidender Bedeutung, die Anzeichen frühzeitig zu erkennen. 

Beispielsweise sollte eine Patientin mit Typ-1-Diabetes und einem unerklärlichen Ungleichgewicht des Blutzuckerspiegels auf Essstörungen untersucht werden.   

Auch ist ein starker Gewichtsverlust das erste Warnsignal, bei dem bei einem Typ-1-Diabetiker an eine Essstörung gedacht werden sollte. Weitere Anzeichen, die Sie aufmerksam beobachten sollten, sind: 

  • Essen weniger oder kalorienarmer Lebensmittel
  • Heimliches essen
  • Auslassen von Mahlzeiten
  • Verwendung von Abführmittel
  • Sich zum Erbrechen bringen
  • Übermäßige körperliche Betätigung
  • Wiederholte Infektionen
  • Absagen von Arztterminen
  • Sich übermäßig um sein Gewicht oder Körperbild sorgen
  • Anzeichen von Depressionen, Stimmungsschwankungen oder Müdigkeit
  • Verzicht auf Insulindosen
  • Tragen lockerer Kleidung oder mehrerer Schichten
  • Einen höheren glykierten Hämoglobinwert als normal über einen längeren Zeitraum hinweg

Das Erkennen und die Diagnose einer Essstörung sind schwierig, da sie häufig verleugnet oder verschleiert wird. Bei Verdacht auf eine Essstörung gibt es jedoch den Fragebogen SCOFF-F, der fünf Fragen, die nicht spezifisch für Typ-1-Diabetes sind, und zwei spezifische Fragen zur Erkundung der Instrumentalisierung von Insulin enthält. Wenn mindestens zwei Fragen positiv beantwortet werden, ist dies ein Hinweis auf das Vorliegen einer FASD. 

Die Behandlung von Essstörungen bei Typ-1-Diabetes-Patienten ist kompliziert und erfordert einen multidisziplinären Ansatz, der sowohl ernährungsbedingte-, psychologische und Umweltaspekte als auch Probleme, die direkt mit Typ-1-Diabetes und seiner Behandlung zusammenhängen, berücksichtigen kann. 

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