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Wie wirken sich Depressionen physisch auf das Gehirn aus?

Veröffentlicht am 17.09.2021 • Von Courtney Johnson

Depressionen gehören heute zu den am häufigsten auftretenden psychischen Erkrankungen. 8,2% der Erwachsenen in Deutschland leiden jedes Jahr regelmäßig unter depressiven Verstimmungen. Diese Erkrankung kann sich nicht nur psychologisch, sondern auch physiologisch auf das Gehirn auswirken und das Kontrollzentrum unseres Nervensystems beeinträchtigen.

Wie können sich Depressionen auf unser Gehirn auswirken? Wie lassen sich diese physischen Veränderungen des Gehirns vermeiden? 

Das alles erklären wir in unserem Artikel!

Wie wirken sich Depressionen physisch auf das Gehirn aus?

Wenn wir an Depressionen denken, kommen uns in erster Linie Emotionen in den Sinn, oder in manchen Fällen auch das Fehlen von Emotionen. Doch um Depressionen wirklich zu verstehen und damit besser behandeln zu können, ist es wichtig, die physischen Auswirkungen zu erkennen, die sie auch auf das Gehirn haben können.

Bis heute hat die Forschung die Rolle chemischer Ungleichgewichte von Neurotransmittern bei der Entstehung von Depressionen anerkannt, aber in den letzten Jahren haben Wissenschaftler erkannt, dass die Depression physisch und erheblich komplexer ist.

>> Lesen Sie mehr über die Verbindung von Depressionen und einer Funktionsstörung des Gehirns in diesem Artikel << 

Lesen Sie weiter, um mehr darüber zu erfahren, wie Depressionen das physische Gehirn beeinflussen können!

Sauerstoffmangel 

Es wurde eine Reihe von Zusammenhängen zwischen Depressionen und einem verminderten Sauerstoffgehalt im Körper festgestellt. Wissenschaftler haben die Hypothese aufgestellt, dass dies durch Veränderungen der Atmung während einer depressiven Episode verursacht werden könnte, aber die Reihenfolge des Auftretens und die Ursachen sind noch unklar.

Bei Personen mit einer schweren depressiven Störung und einer bipolaren Störung konnten Forscher erhöhte Werte eines bestimmten zellulären Faktors beobachten, der als Reaktion auf Hypoxie (Sauerstoffmangel) im Gehirn in deren Immunzellen produziert wird.

Das Gehirn reagiert sehr empfindlich auf Hypoxie, was nachweislich zu Entzündungen, als auch zu Verletzungen der Gehirnzellen und zum Absterben von Gehirnzellen führt, was wiederum Symptome hervorrufen kann, die in Verbindung zu Entwicklung, Stimmung, Gedächtnis und Lernfähigkeit stehen.

Die gute Nachricht ist, dass die Behandlung in einer hyperbaren Sauerstoffkammer (die häufig zur Behandlung der Dekompressionskrankheit bei Sporttauchern, bestimmter Infektionen, nicht heilender Wunden aufgrund von Diabetes, etc. eingesetzt wird) sich positiv auf die Depressionssymptome des Menschen auswirkt und für einige Patienten eine mögliche Behandlungsmöglichkeit darstellen kann.

Entzündung des Gehirns

Forscher haben begonnen, einen Zusammenhang zwischen Entzündungen und Depressionen herzustellen, obwohl noch nicht klar ist, ob die Entzündung die Depression verursacht oder umgekehrt.

Wissenschaftler konnten jedoch feststellen, dass die bei Depressionen beobachtete Gehirnentzündung mit der Dauer der Depression der Person zusammenhängt. In einer Studie von Forschern der Universität von Toronto wurde festgestellt, dass Menschen, die seit mehr als 10 Jahren depressiv sind, 30% mehr Entzündungen im Gehirn aufweisen als Menschen, die seit kürzerer Zeit depressiv sind.

Da Entzündungen im Gehirn zum Absterben von Gehirnzellen führen können, kann eine anhaltende Entzündung des Gehirns bei Menschen mit einer schweren depressiven Störung eine Reihe potenzieller Komplikationen nach sich ziehen, darunter Schrumpfung des Gehirns, Funktionsstörungen der Neurotransmitter und verminderte Neuroplastizität (Fähigkeit des Gehirns, sich im Alter zu verändern). Diese Komplikationen können zu Problemen mit der Gehirnentwicklung, dem Gedächtnis, der Stimmung und der Lernfähigkeit führen.

Schrumpfung des Gehirns

Forschungen, die 2018 durchgeführt wurden, zeigen bei Menschen, die an Depressionen leiden, eine Schrumpfung bestimmter Hirnregionen. Es sind noch weitere Untersuchungen erforderlich, um die Gründe und das Ausmaß dieser Schrumpfung zu ermitteln, aber eine Reihe von Studien der letzten Jahre hat ergeben, dass die folgenden Gehirnbereiche betroffen sein können:

  • Der Hippocampus, der eine wichtige Rolle beim Lernen und Erinnern spielt
  • Der Thalamus, der sensorische Impulse aus der Umgebung des Körpers an die Großhirnrinde weiterleitet (zuständig für die Interpretation von Berührungen, Temperatur oder Schmerz)
  • Die Amygdala, das integrative Zentrum für Gefühle, emotionales Verhalten und Motivation
  • Die Frontallappen, die Hirnregion, die für wichtige kognitive Fähigkeiten wie emotionalen Ausdruck, Problemlösung, Gedächtnis, Entscheidungsfindung usw. verantwortlich ist
  • Die präfrontalen Kortexe, ein Teil des Frontallappens, der speziell an komplexen Verhaltensweisen beteiligt ist (Planung, Persönlichkeitsentwicklung, etc.)

Wissenschaftler konnten die Dauer und den Schweregrad dieser Schrumpfung mit der depressiven Episode in Verbindung bringen.

Wenn ein Teil des Gehirns schrumpft, schrumpfen auch die Funktionen, die mit diesem bestimmten Bereich verbunden sind. So arbeiten beispielsweise die Amygdala und der präfrontale Kortex parallel, um das Erkennen von emotionalen Hinweisen bei anderen und unsere emotionale Reaktion zu steuern. Wenn diese Bereiche schrumpfen, kann dies zu einer Verringerung des Einfühlungsvermögens beitragen, was bei Personen mit postpartaler Depression beobachtet werden kann.

Strukturelle und konnektive Veränderungen  

Wie bereits erwähnt, können Depressionen zu einer Schrumpfung bestimmter Hirnregionen und damit zu deren Fehlfunktionen führen. 

So kann beispielsweise eine verminderte Funktionalität des präfrontalen Kortex die ausführende Funktion und die Aufmerksamkeit beeinträchtigen, eine Funktionsstörung der Amygdala kann die emotionale Regulation und die Stimmung beeinträchtigen und eine verminderte Funktionalität des Hippocampus kann zu Gedächtnisproblemen führen.

Diese Veränderungen entwickeln sich in der Regel erst nach mindestens 8 Monaten und können nach länger andauernden depressiven Episoden auch länger anhalten, wobei vor allem das Gedächtnis, die emotionale Regulation, die Stimmung und die Aufmerksamkeit beeinträchtigt werden.

Wie kann man diesen physischen Veränderungen des Gehirns vorbeugen? 

Auch wenn es sich beängstigend oder unvermeidlich anhört, gibt es ein paar hilfreiche Möglichkeiten, um lang anhaltende Veränderungen des Gehirns zu verhindern.

Um Hilfe bitten: Therapie und Stressbewältigung

Auch wenn es oft nicht einfach ist, besteht eine der besten Möglichkeiten, sein Gehirn zu schützen, darin, um Hilfe zu bitten. 

Je mehr wir verstehen, dass Depressionen nicht nur ein "emotionales Problem" sind, sondern erhebliche neurochemische und körperliche Auswirkungen auf das Gehirn haben, desto mehr können wir das Stigma beseitigen, das Menschen davon abhält, sich die psychische Hilfe und Unterstützung zu holen, die sie brauchen. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass Depressionen nicht Ihre Schuld sind und dass Sie nicht allein sind.

Sowohl die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) als auch Gruppentherapien, die Stressbewältigungs- oder Achtsamkeitstechniken beinhalten, können nützliche Instrumente sein, um das Stigma zu überwinden und Unterstützung zu finden. Außerdem haben viele Studien ergeben, dass solche Techniken zur Verbesserung der depressiven Symptome beitragen.

Antidepressiva

Antidepressiva können ein wichtiges Hilfsmittel bei der Bewältigung depressiver Episoden und der damit verbundenen Symptome darstellen. Diese Medikamente bringen die Neurotransmitter in unserem Gehirn ins Gleichgewicht und helfen so, die physischen Veränderungen, die auftreten können, zu verhindern.

Es ist wichtig, mit seinem Arzt oder Therapeuten zu sprechen, denn er oder sie kann dabei helfen, die Kombination aus Therapie und/oder Antidepressiva zu finden, mit der Sie Ihre Depression besser bewältigen können.

 

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