70% der Patienten haben ihren Arzt bereits angelogen!
Veröffentlicht am 17.01.2019 • Von Louise Bollecker
Eine Umfrage unter 4.510 Personen in den USA zeigt einen alarmierenden Befund: 70% der Patienten haben bereits Informationen von ihren Ärzten zurückgehalten.
Die Beziehung zwischen einem Patienten und seinem Arzt, sei es der Hausarzt, ein Spezialist oder Krankenpfleger, sollte auf gegenseitigem Vertrauen beruhen. Je mehr Informationen das medizinische Personal über den Patienten hat, desto zutreffender sind die Diagnose und Empfehlungen. Eine amerikanische Umfrage zeigt jedoch, dass 70% der Patienten ihren Arzt gelegentlich anlügen.
70% der Patienten halten Informationen zurück
Wer hat noch nie eine Arztpraxis verlassen, ohne den Schlussfolgerungen des Arztes zuzustimmen oder ohne alles verstanden zu haben? Es scheint, dass viele ihre Meinung nicht den Ärzten teilen.
37,8% der befragten Patienten bestätigten, dass sie bereits ihrem Arzt verschwiegen haben, dass sie nicht mit ihm einverstanden sind. 27,6% der Patienten sagten dem Arzt nicht, dass sie die Empfehlungen nicht verstanden haben. Außerdem haben 22,2% der Patienten es versäumt, dem Arzt ehrliche Informationen über die eigene Ernährung geben, in dem sie ihm Exzesse oder schlechte Essgewohnheiten verschwiegen.
"Ich habe dem Arzt nicht gesagt, dass ich nicht mit ihm einverstanden bin" (37,8%)
"Ich habe die Anweisungen des Arztes nicht verstanden" (27,6%)
"Ich habe dem Arzt nicht gesagt, dass meine Ernährung nicht gesund ist" (22,2%)
Auch andere Informationen werden dem Arzt nicht richtig mitgeteilt: die Tatsache sein Medikament nicht wie verordnet einzunehmen, keinen Sport treiben, das Einnehmen eines anderen Medikaments oder des Medikaments eines anderen. Insgesamt hätten 70% der Patienten bereits (direkt oder indirekt durch verschweigen) den Arzt/die Ärztin angelogen, von dem/der sie untersucht wurden.
72% der Patienten wollten nicht verurteilt werden
Es scheint, dass diese Lügen vor allem aus der Angst vor der Reaktion des Arztes erklärt werden können. Für 72% der Patienten war die Angst, verurteilt oder belehrt zu werden, der entscheidende Faktor, um die Wahrheit vor ihrem Arzt zu verbergen.
"Ich wollte nicht verurteilt oder belehrt werden" (72%)
"Ich wollte nicht wissen, wie schwer meine Krankheit ist" (67,9%)
"Ich habe mich geschämt" (54,8%)
In den Augen der Patienten tendieren die Ärzte dazu, vorschnell zu urteilen oder herablassend gegenüber der Probleme ihrer Patienten sein. Sie ziehen es vor, die Tatsache zu verbergen, dass sie etwas nicht verstanden haben, anstatt die Frage zu stellen.
Für 67,9% der Patienten spielte die Angst vor schlechten Nachrichten eine Rolle. Fast 55 % der Patienten waren verlegen (z.B. weil sie keinen Sport getrieben hatten) und zogen es daher vor zu lügen. Viele Befragte wollten auch nicht als lästige Patienten oder Narren erscheinen und von ihren Ärzten gemocht werden; andere wollten die Zeit ihrer Ärzte nicht verschwenden. Einige Patienten dachten nicht, dass die versteckten Informationen wichtig seien oder wollten nicht, dass sie in ihre Krankenakten aufgenommen würden.
Weitere von den Patienten genannte Gründe waren schließlich die Angst, ihre Gewohnheiten ändern zu müssen, die Vorstellung, dass der Arzt eh nichts für sie tun könnte, und die Angst, dass diese Informationen einem Angehörigen offenbart werden. Einige Befragte erklärten zudem, dass sie bereits negative Erfahrungen gemacht hätten, als sie bestimmte Informationen an einen früheren Arzt weitergaben.
Frauen, Jugendliche und Kranke
Die Studie zeigt auch, dass Frauen und junge Menschen eher ihre Ärzte anlügen. Tatsächlich wurde die Untersuchung in zwei Teile geteilt. In der Gruppe mit einem Durchschnittsalter von 36 Jahren haben 81,1% der Befragten ihren Arzt bereits angelogen. In der zweiten Gruppe, in der das Durchschnittsalter 61 Jahre betrug, haben nur 61,4% der Befragten bereits mindestens eine Information von ihrem Arzt zurückgehalten.
Menschen, die ihre Gesundheit für schlecht halten, sind auch am ehesten bereit, Informationen zurückzuhalten. Auch Patienten mit chronischen Krankheiten berichteten überdurchschnittlich viel von Lügen gegenüber ihren Ärzten. Es sind die Menschen, die am meisten Hilfe von Ärzten bräuchten, die am ehesten lügen. Ein Verhalten, das Komplikationen verursacht oder sogar Fehldiagnosen?
Eine zweideutige Beziehung zum Arzt
Diese Zahlen zeigen deutlich die teilweise schwierige Beziehung, die Patienten zu ihrem Arzt oder ihrer Ärztin haben. Abgesehen von der Angst vor einer Diagnose oder der Angst, eine stark einschränkende Behandlung verschrieben zu bekommen, bringen die Patienten ihrem Arzt nicht immer Vertrauen gegenüber. Das Urteil der medizinischen Fachkraft wird oft als negativ und nicht als ein medizinisch empfunden. Die Beziehung scheint nicht ausgeglichen zwischen dem Patienten, der Anweisungen erhält und dem übermächtigen Arzt. Das Aufbauen einer Vertrauensbasis zwischen Behandelnden und Behandelten scheint schwierig.
Wie kann dieses Arzt-Patienten-Verhältnis verbessert werden?
Je mehr Informationen ein Arzt hat, desto besser und gezielter kann er die Behandlung festlegen. Daher die Frage an Euch: Welche Ideen hättet ihr, um die Kommunikation zwischen dem Patienten und seinem Arzt zu verbessern?
Meint ihr, dass vorgesehene Zeit für einen Arzttermin länger sein sollte? Wie können wir das Bewusstsein der Ärzte dafür schärfen, dass sie mehr Verständnis und Geduld für Patienten haben sollten?
Teilt Eure Ideen!
Dieser Artikel beruht auf folgender Veröffentlichung: Prävalenz und Faktoren im Zusammenhang mit der Nichtdiskriminierung von medizinisch relevanten Informationen für Ärzte, von Andrea Gurmankin Levy, PhD, MBe; Aaron M. Scherer, PhD; Brian J. Zikmund-Fisher, PhD; Knoll Larkin, MPH; Geoffrey D. Barnes, MD, MSc; Angela Fagerlin, PhD. Die Ergebnisse dieser Umfrage basieren auf zwei Fragebögen, die zwischen dem 28. September und dem 8. Oktober 2018 in den Vereinigten Staaten verteilt wurden. Der erste, Amazon's Mechanical Turk, gruppiert 2.011 Befragte. Der zweite, Survey Sample International, gruppiert 2.499 Befragte. Mit Humor schließen die Autoren die vielleicht unterschätzten Ergebnisse ab: Wenn die Befragten ihren Arzt belogen haben, gibt es keinen Beweis dafür, dass sie bei der Beantwortung der Umfrage nicht gelogen haben!
Carenity
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