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Epstein-Barr-Virus: Könnte es die Ursache für Multiple Sklerose sein?

Veröffentlicht am 19.02.2022 • Von Candice Salomé

Das Epstein-Barr-Virus (EBV), das bereits als Auslöser des Pfeifferschen Drüsenfiebers identifiziert wurde, könnte auch die Ursache von Multipler Sklerose (MS) sein. Tatsächlich haben amerikanische Forscher zum ersten Mal gezeigt, dass die Entwicklung von Multipler Sklerose wahrscheinlich durch eine Infektion mit diesem Virus ausgelöst wird.

Aber was genau ist das Epstein-Barr-Virus? In welchem Zusammenhang steht es mit Multipler Sklerose (MS)? Was ermöglicht diese Entdeckung für die Behandlung von Multipler Sklerose?

Wir sagen Ihnen alles in unserem Artikel!

Epstein-Barr-Virus: Könnte es die Ursache für Multiple Sklerose sein?

Einer großen epidemiologischen Studie aus den USA zufolge, die am 13. Januar 2022 in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht wurde, konnten amerikanische Forscher eine Verbindung zwischen dem Epstein-Barr-Virus und Multipler Sklerose nachweisen. Dieser Zusammenhang wurde bereits seit mehreren Jahren untersucht, blieb aber bis dahin schwer zu beweisen.

Worum handelt es sich bei dem Epstein-Barr-Virus (EBV)? 

Das Epstein-Barr-Virus (EBV) gehört zur Familie der Herpesviren. Es ist ein sehr häufiges Virus, das bei über 90% der erwachsenen Bevölkerung vorkommt. Die Erstinfektion erfolgt meist über den Speichel in der Kindheit oder Jugend. Das Virus dringt in den Oropharynx ein, wo es Epithelzellen und lokale B-Lymphozyten infiziert, bevor es auf die im gesamten Körper übergreift.

Dieses Virus ist vor allem für das Pfeiffersche Drüsenfieber verantwortlich, eine Krankheit, die durch direkten Kontakt zweier Menschen (durch Küssen) und durch Speichel (durch Spritzer wie beim Husten oder Spucken) übertragen wird. Das Pfeiffersche Drüsenfieber ist in der Regel unbedenklich und klingt spontan wieder ab. Sie kann auch völlig asymptomatisch verlaufen, aber in jedem Fall bleibt das Virus in den Lymphozyten bestehen, wo sein DNA-Genom als Episom erhalten bleibt, ohne sich in die zelluläre DNA zu integrieren. In diesem Zustand werden einige virale Gene weiterhin exprimiert und tragen zur Entstehung von Krebs, Lymphomen (u. a. Burkitt-Lymphom und einige Hodgkin-Lymphome) und Nasopharynxkrebs bei.

Welche Verbindung besteht zwischen Multipler Sklerose (MS) und dem Epstein-Barr-Virus (EBV)? 

Seit langem wird vermutet, dass die Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) an der Entstehung von Multipler Sklerose beteiligt ist.

Bei MS wird die Myelinscheide, die die feinen Fortsätze unserer Neuronen (die sogenannten Axone) umgibt, von den Immunzellen des Patienten angegriffen. Die Zerstörung der Myelinscheide führt zu "Plaques", die über das Gehirn und das Rückenmark verstreut sind. Die Symptome der Multiplen Sklerose sind vielfältig: Kribbeln in den Armen oder Beinen, Muskelschwäche, Sehstörungen ... Diese Erkrankung betrifft laut über 120 000 Menschen in Deutschland und betrifft überwiegend Frauen (achtmal so häufig). Sie wird in der Regel bei Personen im Alter zwischen 25 und 35 Jahren diagnostiziert.

Wenn frühere Studien hingezugezogen werden, sind Blutantikörper gegen das Epstein-Barr-Virus bei etwa 99,5% der MS-Patienten in großen Mengen vorhanden.

So analysierte ein renommiertes Team der School of Public Health der amerikanischen Harvard-Universität die EBV-Antikörper im Serum von 955 Personen, die an Multipler Sklerose erkrankt waren, unter mehr als 10 Millionen jungen Erwachsenen im aktiven Dienst der US-Armee, die zwischen 1993 und 2013 beobachtet wurden.

Alle bis auf eine Person wiesen zum Zeitpunkt ihrer MS-Diagnose Antikörper gegen EBV im Serum auf.

Diese Studie zeigt, dass das EBV-Virus ein notwendiger Faktor für die Entwicklung von MS ist, auch wenn nur eine winzige Minderheit die Krankheit entwickelt.

Laut Catherine Lubetzki, Professorin für Neurologie am Krankenhaus Hôpital Universitaire Pitié-Salpêtrière in Paris, beschäftigen sich Wissenschaftler schon sehr lange mit einem Zusammenhang zwischen dem Epstein-Barr-Virus und Multipler Sklerose. Die ersten Arbeiten zu diesem Thema wurden bereits vor 20 Jahren veröffentlicht.

Dennoch ist die von den Harvard-Forschern durchgeführte Studie die erste Studie, die eine chronologische Dimension einschließt. Diese Studie ermöglicht somit, den Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Antikörpern und dem Auslösen der Multiplen Sklerose aufzeigen. Demnach geht die Infektion mit dem EBV-Virus dem Ausbruch der Multiplen Sklerose voraus.

Diese Studie zeigt jedoch, dass die Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Entstehung von Multipler Sklerose ist. Andere Faktoren, z. B. genetische Faktoren, könnten eine Rolle dabei spielen, ob bei einer Person die Erkrankung entsteht oder nicht.

Was ermöglicht diese Entdeckung für die Betreuung von Patienten mit Multipler Sklerose? 

Die Entdeckung der Verbindung zwischen dem Epstein-Barr-Virus und Multipler Sklerose ist ermutigend für die Suche nach Behandlungsmöglichkeiten, die spezifisch für das Epstein-Barr-Virus sind.

Die Lösung könnte in der Entwicklung eines Impfstoffs liegen. So gab das amerikanische Labor Moderna am 05. Januar bekannt, dass es mit der klinischen Studie eines Impfstoffs gegen das Epstein-Barr-Virus am Menschen begonnen hat.

Diese Entdeckung wird auch den Weg für die Erforschung anderer Autoimmunerkrankungen ebnen, die viele Ähnlichkeiten aufweisen, wie Morbus Crohn oder Psoriasis, bei denen ebenfalls vermutet wird, dass sie die Folge eines Virus sind.

Ein besseres Verständnis der Ursachen einer Erkrankung ermöglicht neue Wege in der Therapie.


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avatar Candice Salomé

Autor: Candice Salomé, Gesundheitsredakteurin

Candice ist Content Creator bei Carenity und hat sich auf das Schreiben von Gesundheitsartikeln spezialisiert. Ihr besonderes Interesse gilt den Bereichen Psychologie, Wellbeing und Sport. 

Candice hat einen... >> Mehr erfahren

2 Kommentare


mel.d1004
am 20.02.22

es freut mich sehr, dass gerade recht viel über die Forschung geschrieben wird.. ich hatte übrigens das Pfeiffersche Drüsenfieber mit 14 Jahren. Meine Oma und 2 Onkels mütterlicherseits erlagen dem Hodgkins. Es wäre wirklich schön wenn das EBV auf einen der neuen MRNA Impfstoffe ansprechen würde und wir Hoffnung haben dürfen.


Chris.patient
am 02.11.23

Was für ein Unsinn, der Zusammenhang mit MS und dem EBV ist genauso als würde ich behaupten das Trinkwasser MS auslöst. Ca. 90 % der Weltbevölkerung haben EBV in sich und die sind nicht alle Autoimmun erkrankt.

Der Artikel aus Amerika machte schon in den beiden letzten Jahren die Runde in den MS Foren und wurde als nicht Relevant erkannt.

Schade das es wieder erneut auf den Tisch kommt und falsche Hoffnungen geschürt werden, Impfstoff etc


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