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Jeder Fünfte über 65 erhält ein ungeeignetes Medikament

Veröffentlicht am 16.07.2018 • Von Giovanni Mària

Jeder Fünfte über 65 erhält ein ungeeignetes Medikament

Viele Patienten erhalten einen gefährlichen Mix aus Medikamenten, zeigt ein aktueller Report der Barmer Krankenkasse. Die möglichen Folgen reichen von Nierenversagen bis zu inneren Blutungen.

Ärzte haben oft keinen Überblick darüber, welche Medikamente ihre Patienten einnehmen und was bei der Verordnung zu berücksichtigen ist. Eine Folge: Jeder Fünfte über 65 Jahren erhält ein Mittel, das für seine Altersgruppe nicht mehr empfohlen wird - egal in welcher Dosierung. Zu diesem Ergebnis kommt der Arzneimittelreport der Barmer-Krankenkasse.

Es gehe nicht um Schuldzuweisungen in Richtung Ärzte, erklärte Barmer-Chef Christoph Straub. Es sei enorm schwierig, den Überblick zu behalten. Trotzdem wären viele der Risiken vermeidbar. Probleme bereiteten etwa Sprachbarrieren, Selbstmedikation durch die Patienten oder unvollständige Medikationspläne.

Für ihre Analyse hatten Experten die Arzneimitteltherapie der Barmer-Versicherten ausgewertet. Demnach erhielt jeder Vierte im Jahr 2016 fünf oder mehr Arzneimittel. Zwei Drittel davon bekamen Verschreibungen von drei oder mehr Ärzten. Dadurch steigt das Risiko für einen gefährlichen Mix an Wirkstoffen.

Vier Beispiele:

Mehr als 200.000 Versicherte erhielten gleichzeitig bestimmte Blutdrucksenker(aus der Gruppe der ACE-Hemmer, AT1 Rezeptorantagonisten, Renin-Antagonisten) sowie entwässernde Arzneimittel und Arzneimittel wie Ibuprofen oder Diclofenac. Dadurch bestehe ein hohes Risiko eines akuten Nierenversagens, erklärt der Autor des Reports Daniel Grandt, Chefarzt am Klinikum Saarbrücken.

 
Mehr als 1400 Versicherte bekamen einen Arzneistoff für die Krebs- undRheumatherapie (Methotrexat), obwohl das Mittel bei ihnen wegen gleichzeitig stark eingeschränkter Nierenfunktion nicht eingesetzt werden dürfte.

Auch bei Antibiotikatherapien kann dem Report zufolge einiges schiefgehen. Die Behandlung mit dem Antibiotikum Trimethoprim etwa, das häufig bei Harnwegsinfektionen eingesetzt wird, sei oft unnötig gefährlich. Jeder dritte Patient nimmt der Untersuchung zufolge gleichzeitig andere Arzneimittel ein, die aufgrund von Wechselwirkungen das Risiko einer Notfallbehandlung im Krankenhaus vervielfachten.

Wer wiederum bestimmte Blutverdünner und gleichzeitig Acetylsalicylsäure, besser bekannt als Aspirin, schluckt, dem drohen innere Blutungen.

Weniger unerwünschte Arzneimittelwirkungen bedeuteten weniger Krankenhauseinweisungen und weniger Todesfälle, erklärte Straub. Patienten müssten daher besser vor diesen Risiken geschützt werden. Für Ärzte sei es allerdings enorm schwierig, den Überblick zu behalten.

Das Problem betrifft vor allem Hausärzte. "Sie müssen die Gesamtmedikation ihrer Patienten, also auch die von Fachärzten verordneten Arzneimittel, beurteilen", sagt Grandt. "Dass der Arzt hier die Risiken ohne Hilfsmittel immer korrekt einschätzen kann, ist schlichtweg nicht realistisch."

Die Barmer verweist auf ein zusammen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe entwickeltes Projekt, das diese Probleme lösen könnte. Hausärzte erhalten dabei Daten, aus denen sie die Verordnungen aller Ärzte entnehmen können und Hinweise, um potenzielle Risiken der Therapie zu vermeiden.

SPIEGEL ONLINE

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Autor: Giovanni Mària, International Traffic Manager

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3 Kommentare


Eva_Be • Community Managerin
am 16.07.18

Viele Patienten erhalten einen gefährlichen Mix aus Medikamenten, zeigt ein aktueller Report der Barmer Krankenkasse. Die möglichen Folgen reichen von Nierenversagen bis zu inneren Blutungen.

Ärzte haben oft keinen Überblick darüber, welche Medikamente ihre Patienten einnehmen und was bei der Verordnung zu berücksichtigen ist. Eine Folge: Jeder Fünfte über 65 Jahren erhält ein Mittel, das für seine Altersgruppe nicht mehr empfohlen wird - egal in welcher Dosierung. Zu diesem Ergebnis kommt der Arzneimittelreport der Barmer-Krankenkasse.

Es gehe nicht um Schuldzuweisungen in Richtung Ärzte, erklärte Barmer-Chef Christoph Straub. Es sei enorm schwierig, den Überblick zu behalten. Trotzdem wären viele der Risiken vermeidbar. Probleme bereiteten etwa Sprachbarrieren, Selbstmedikation durch die Patienten oder unvollständige Medikationspläne.

Für ihre Analyse hatten Experten die Arzneimitteltherapie der Barmer-Versicherten ausgewertet. Demnach erhielt jeder Vierte im Jahr 2016 fünf oder mehr Arzneimittel. Zwei Drittel davon bekamen Verschreibungen von drei oder mehr Ärzten. Dadurch steigt das Risiko für einen gefährlichen Mix an Wirkstoffen.

Vier Beispiele:

Mehr als 200.000 Versicherte erhielten gleichzeitig bestimmte Blutdrucksenker(aus der Gruppe der ACE-Hemmer, AT1 Rezeptorantagonisten, Renin-Antagonisten) sowie entwässernde Arzneimittel und Arzneimittel wie Ibuprofen oder Diclofenac. Dadurch bestehe ein hohes Risiko eines akuten Nierenversagens, erklärt der Autor des Reports Daniel Grandt, Chefarzt am Klinikum Saarbrücken.

 
Mehr als 1400 Versicherte bekamen einen Arzneistoff für die Krebs- undRheumatherapie (Methotrexat), obwohl das Mittel bei ihnen wegen gleichzeitig stark eingeschränkter Nierenfunktion nicht eingesetzt werden dürfte.

Auch bei Antibiotikatherapien kann dem Report zufolge einiges schiefgehen. Die Behandlung mit dem Antibiotikum Trimethoprim etwa, das häufig bei Harnwegsinfektionen eingesetzt wird, sei oft unnötig gefährlich. Jeder dritte Patient nimmt der Untersuchung zufolge gleichzeitig andere Arzneimittel ein, die aufgrund von Wechselwirkungen das Risiko einer Notfallbehandlung im Krankenhaus vervielfachten.

Wer wiederum bestimmte Blutverdünner und gleichzeitig Acetylsalicylsäure, besser bekannt als Aspirin, schluckt, dem drohen innere Blutungen.

Weniger unerwünschte Arzneimittelwirkungen bedeuteten weniger Krankenhauseinweisungen und weniger Todesfälle, erklärte Straub. Patienten müssten daher besser vor diesen Risiken geschützt werden. Für Ärzte sei es allerdings enorm schwierig, den Überblick zu behalten.

Das Problem betrifft vor allem Hausärzte. "Sie müssen die Gesamtmedikation ihrer Patienten, also auch die von Fachärzten verordneten Arzneimittel, beurteilen", sagt Grandt. "Dass der Arzt hier die Risiken ohne Hilfsmittel immer korrekt einschätzen kann, ist schlichtweg nicht realistisch."

Die Barmer verweist auf ein zusammen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe entwickeltes Projekt, das diese Probleme lösen könnte. Hausärzte erhalten dabei Daten, aus denen sie die Verordnungen aller Ärzte entnehmen können und Hinweise, um potenzielle Risiken der Therapie zu vermeiden.

Quelle: SPIEGEL ONLINE 

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Musstet ihr schon negative Erfahrungen wegen falscher Abstimmung von Medikamenten machen? 


Anna59
am 21.11.18

Meine Tochter nimmt Clozapin Hat aber oft Sodbrennen und hat das Pantaprazol dazu bekommen das nahm sie lange bis unser Apotheker uns sagte das diese zwei Medikamente sich nicht vertragen . Warum gibt es den kein Programm das automatisch dem Arzt sagt wenn er was verschreiben möchte ob das zusammen passt oder nicht dann wäre es doch einfach 


catmam
am 22.10.19

Das Problem betrifft aber nicht nur die Hausärzte. Ich wurde vor 3 Wochen mit dem Rettungswagen ins Kkh gebracht, weil ich starke Atemprobleme hatte, die sich aber bis zum nachmittag wieder gegeben hatten. Ich musste stationär aufgenommen werden und bekam 5 Tage lang alle 4 Std. Antibiotika und dazu noch morgens und abends nochmal ein anderes Antibiotika. Auf meine Frage, was mir fehlen würde bekam ich die Antwort: Verdacht auf beidseitige Lungenentzündung. Ich hatte aber weder Husten, Fieber, Druck auf der Brust noch ein anderes Symptom. Am 5. Tag fragte ich bei der Visite, was es denn nun genau gewesen wäre. Antwort: Sie wären sich nicht sicher gewesen, aber bei dem Vergleich meines Röntgenbildes von 2014 und dem aktuellen gehen sie von einer beidseitigen Lungenentzündung aus. Und im abschließenden Arztbericht stand dann zu lesen: Z.n. nach Nikotinabusus und C2 gelegentlich. Der Witz an der Sache ist, dass ich weder rauche noch Alkohol trinke, das traue ich mich schon mit der Menge Medikamente nicht. Also wie gesagt - nicht nur die Hausärzte sind das Problem - ich finde viel mehr, dass die sogenannten Halbgötter in weiß in den Kliniken das wesentlich größere Problem sind. 

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