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MS und medizinisches Cannabis: Welchen Gebrauch haben die Patienten laut Gesetzgebung?

Veröffentlicht am 05.01.2020 • Aktualisiert am 21.01.2020 • Von Louise Bollecker

Die Bewertung des Gebrauchs von Cannabis zu therapeutischen Zwecken bei MS, die Bewertung seiner Auswirkungen auf die Symptome der Patienten und der Vergleich der Ergebnisse zwischen zwei Ländern mit unterschiedlicher Gesetzgebung - Frankreich und Spanien - war das Ziel der Carenity-Umfrage, die von April bis Juli 2019 auf unseren französischen und spanischen Plattformen durchgeführt wurde.

MS und medizinisches Cannabis: Welchen Gebrauch haben die Patienten laut Gesetzgebung?

Das Experimentieren mit der Cannabistherapie ist ein umstrittenes gesellschaftliches Thema, das spaltet und neugierig macht. Aber was denken die Patienten selbst wirklich darüber? Wir haben Carenity-Mitglieder befragt, die es bereits nutzen.

Frankreich und Spanien, zwei Länder mit unterschiedlicher Gesetzgebung

Um den medizinischen Cannabisverbrauch der Patienten zu verstehen, haben wir uns entschieden, zwei Länder mit sehr unterschiedlicher Gesetzgebung zu analysieren. Frankreich verbietet die Erzeugung, Herstellung, Beförderung, Einfuhr, Ausfuhr, den Besitz, das Angebot, die Übertragung/Angebot, den Erwerb oder die Verwendung von therapeutischem Cannabis; es lässt nur Sorten von Cannabis sativa L. zu, die einen Delta-9-Tetrahydrocannabinol-Gehalt von weniger als 0,20 % aufweisen. Während Spanien Cannabis für kommerzielle Zwecke verbietet, erlaubt es den Anbau für den persönlichen Gebrauch (persönlicher Konsum und Verwendung für andere Zwecke als Verkauf oder Handel). 

Das Profil der Befragten

Die Mehrheit der MS-Patienten, die auf unsere Umfrage geantwortet haben, sind Frauen (73%) und haben ein Durchschnittsalter von 47 Jahren. Sie wurden im Durchschnitt vor 12 Jahren diagnostiziert. 

Eine Mehrheit der Befragten hat RRMS, die schubförmige (rezidivierend-remittierende) Multiple Sklerose. Sie ist gekennzeichnet durch Phasen des Auftretens neuer oder der Verschlimmerung bestehender Symptome, die als Schübe bezeichnet werden, gefolgt von Phasen der Erholung. Schübe können zu anhaltenden Problemen führen. Dies ist die häufigste Erkrankungsform.


Wir versuchten auch, den Schweregrad der Krankheit unserer Befragten zu messen, um den Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und der Schwere der Symptome zu beurteilen. Nur 5,5 % der Befragten halten ihre Krankheit nicht für schwerwiegend; fast 12 % müssen einen Stock benutzen, um sich fortzubewegen, und 73 % haben Muskelspastik als Folge ihrer Multiplen Sklerose. 

Durch Multiple Sklerose hervorgerufene Schmerzen

MS verursacht bei unseren Befragten unterschiedlich starke Schmerzen. Der durchschnittliche Schmerz-Score beträgt 4,1/10. 37% der Befragten gaben einen Score größer oder gleich 6/10 an. 

Die Verwendung von medizinischem Cannabis

22% der Befragten unserer Umfrage verwenden medizinisches Cannabis. Es ist wichtig zu beachten, dass die Gesetzgebung keine Auswirkungen auf diese Zahl zu haben scheint, da 23% der französischen Befragten angeben, es zu verwenden, gegenüber 20% der spanischen Befragten. Im Durchschnitt benutzen die Patienten es seit fast 4 Jahren. Auf der anderen Seite nutzen Männer es mehr als Frauen. Je schwerer die MS ist, desto höher ist der Verbrauch.

Die verwendeten Formen

Im Gegensatz zur Zahl der Konsumenten wirkt sich die Gesetzgebung hier auf die Form des Cannabiskonsums aus; da die Medikamente in Spanien zugelassen sind, werden sie wesentlich mehr konsumiert als in Frankreich (41% gegenüber 5%). 'Kraut' (und Harz) ist jedoch in beiden Ländern weit verbreitet. 

Die Häufigkeit der Nutzung

Auch bei der Häufigkeit des Konsums gibt es keinen signifikanten Unterschied: 70% konsumieren mindestens einmal am Tag (69% in Frankreich und 72% in Spanien), 18% mindestens einmal pro Woche, 5% mindestens einmal alle 6 Monate und 5% weniger als einmal alle 6 Monate.

Wie wirksam ist medizinisches Cannabis?

Auswirkung auf den Alltag im Allgemeinen

Mehr als 41% der Befragten gaben an, dass sich die Cannabisanwendung positiv auf ihr tägliches Leben im Allgemeinen (77%), auf ihre Stimmung (66%) und auf ihr berufliches, soziales, familiäres und intimes Leben auswirkt.

Auswirkung auf die MS-Symptome im Besonderen

Die Befragten weisen auf einen positiven Beitrag des Cannabiskonsums auf viele MS-Symptomen hin, hauptsächlich auf Schlafstörungen und Spastik (76%), aber auch Sensibilitätsstörungen (60%) und Müdigkeit (56%). 68% der Befragten sind überzeugt, dass Cannabis wirksamer gegen Schmerzen ist als die üblichen Schmerzmittel, wodurch 65% von ihnen ihren Medikamentenkonsum reduzieren konnten. 75% erklären, sich nicht abhängig zu fühlen: Sie haben keine Zunahme ihres Verbrauchs im Laufe der Zeit bemerkt, weder was die Menge noch was die Häufigkeit betrifft.

Welche Zukunft hat medizinisches Cannabis?

In Frankreich hat die ANSM (Nationale Agentur für die Sicherheit von Arzneimitteln und Gesundheitsprodukten) Versuche mit therapeutischem Cannabis genehmigt; die Nationalversammlung hat im Oktober 2019 ihre Zustimmung erteilt. Die Studien werden voraussichtlich 2 Jahre dauern, wobei fast 3000 Patienten mit schweren Krankheiten teilnehmen, für die Wirkstoffe wie THC und CBD nützlich sein könnten.

In Deutschland hat mit dem am 10. März 2017 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften der Gesetzgeber die Möglichkeiten zur Verschreibung von Cannabisarzneimitteln erweitert. Ärztinnen und Ärzte können künftig auch Medizinal-Cannabisblüten oder Cannabisextrakt in pharmazeutischer Qualität auf einem Betäubungsmittelrezept verschreiben. 

Was denken Sie darüber? Sind Sie für die Legalisierung von Cannabis für medizinische Zwecke? Haben Sie es schon mal versucht?

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Diese Umfrage wurde vom 11. April bis zum 7. Juli 2019 unter den Carenity-Mitgliedern mit MS mit Wohnsitz in Frankreich oder Spanien durchgeführt. 641 Fragebögen wurden vollständig beantwortet.

avatar Louise Bollecker

Autor: Louise Bollecker, Community Manager Frankreich

Louise ist Community Managerin von Carenity in Frankreich und Chefredakteurin des Gesundheitsmagazins. Sie bietet allen Mitgliedern Artikel, Videos und Erfahrungsberichte. Ihr Ziel ist es, die Stimme der Patienten zu... >> Mehr erfahren

1 Kommentar


Freddy
am 21.01.20

Ja, ich bin für die Freigabe von Cannabis für medizinische Zwecke. Hierzu ist auch eine Reform des Strafrechts unumgänglich. Solange Patienten, die sich mit Cannabis therapieren, als Krimineller nach den Bestimmungen des Strafrechts angegangen werden, werde ich es nicht probieren. Und eine Änderung kann dauern !!

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