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Wenn Sportlichkeit den Wert eines Menschen bestimmt

Veröffentlicht am 16.06.2016 • Von Giovanni Mària

Wenn Sportlichkeit den Wert eines Menschen bestimmt

Wenn Sportlichkeit den Wert eines Menschen bestimmt

Gesund leben - eine individuelle Entscheidung? Nein, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Carl Cederström. Wir alle haben uns längst einer "Wellness-Ideologie" unterworfen.

Interview von Johanna Bruckner

Sport machen, gesund essen, sich auch um das eigene geistige Wohlbefinden kümmern - das sind längst keine individuellen Lebensstilentscheidungen mehr, das ist eine Ideologie. Sagt Carl Cederström, Assistenzprofessor für Organisationstheorie an der Stockholm Business School. Gemeinsam mit dem britischen Wirtschaftswissenschaftler André Spicer hat er ein Buch zum Thema veröffentlicht.

SZ.de: Herr Cederström, treiben Sie Sport?

Carl Cederström (lacht): Nachdem André und ich unser Buch veröffentlicht hatten, kamen viele Leute zu uns und beschwerten sich: "Ihr kritisiert all diese Dinge - aber habt ihr irgendetwas davon auch selbst ausprobiert?" In meinem Fall lautete die Antwort: nein. André ist tatsächlich schon zwei Marathons gelaufen - und mittlerweile hat er mir gestanden, dass er sich während der Arbeit an unserem Buch mit dem Konzept der Achtsamkeit beschäftigt hat, weil es so stressig war. Wenn man so will, ein kleiner Verrat an unserem Projekt.

Sie sagen: Wellness diktiert die Art und Weise, wie wir arbeiten, leben, studieren und Sex haben. Wellness ist eine Ideologie.

Ja. Und das ist durchaus schon länger so - wobei sich die Ideologie stark verändert hat. 1935 war auf dem Cover des "Jahrbuchs der Hitlerjugend" zu lesen: "Dein Körper gehört nicht dir, dein Körper gehört deinem Land, dein Körper gehört dem Führer. Es ist deine Pflicht, gesund zu sein." Kranke wurden als Gefahr, als Hemmnis für die aufstrebende Nation gesehen. Heute haben wir eine ganz andere Art von Ideologie, auch wenn mancher dafür den Begriff "Gesundheitsfaschismus" verwendet. Ich würde eher von Gesundheitskapitalismus sprechen.

Quelle: sueddeutsche.de

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Autor: Giovanni Mària, International Traffic Manager

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Andrea
am 16.06.16

Wenn Sportlichkeit den Wert eines Menschen bestimmt

Gesund leben - eine individuelle Entscheidung? Nein, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Carl Cederström. Wir alle haben uns längst einer "Wellness-Ideologie" unterworfen.

Interview von Johanna Bruckner

Sport machen, gesund essen, sich auch um das eigene geistige Wohlbefinden kümmern - das sind längst keine individuellen Lebensstilentscheidungen mehr, das ist eine Ideologie. Sagt Carl Cederström, Assistenzprofessor für Organisationstheorie an der Stockholm Business School. Gemeinsam mit dem britischen Wirtschaftswissenschaftler André Spicer hat er ein Buch zum Thema veröffentlicht.

SZ.de: Herr Cederström, treiben Sie Sport?

Carl Cederström (lacht): Nachdem André und ich unser Buch veröffentlicht hatten, kamen viele Leute zu uns und beschwerten sich: "Ihr kritisiert all diese Dinge - aber habt ihr irgendetwas davon auch selbst ausprobiert?" In meinem Fall lautete die Antwort: nein. André ist tatsächlich schon zwei Marathons gelaufen - und mittlerweile hat er mir gestanden, dass er sich während der Arbeit an unserem Buch mit dem Konzept der Achtsamkeit beschäftigt hat, weil es so stressig war. Wenn man so will, ein kleiner Verrat an unserem Projekt.

Sie sagen: Wellness diktiert die Art und Weise, wie wir arbeiten, leben, studieren und Sex haben. Wellness ist eine Ideologie.

Ja. Und das ist durchaus schon länger so - wobei sich die Ideologie stark verändert hat. 1935 war auf dem Cover des "Jahrbuchs der Hitlerjugend" zu lesen: "Dein Körper gehört nicht dir, dein Körper gehört deinem Land, dein Körper gehört dem Führer. Es ist deine Pflicht, gesund zu sein." Kranke wurden als Gefahr, als Hemmnis für die aufstrebende Nation gesehen. Heute haben wir eine ganz andere Art von Ideologie, auch wenn mancher dafür den Begriff "Gesundheitsfaschismus" verwendet. Ich würde eher von Gesundheitskapitalismus sprechen.

Quelle: sueddeutsche.de

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