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Ich und die Akromegalie

Veröffentlicht am 16.11.2016 • Von Léa Blaszczynski

Marie-Christine, ein Mitglied unserer französischen Plattform, ist an Akromegalie erkrankt. Im vorliegenden Interview erzählt sie uns von ihrer Krankheit und ihrer optimistischen Art.

Ich und die Akromegalie

1 - Hallo Marie-Christine, könnten Sie sich bitte kurz vorstellen?
Ich war immer eine sehr aktive Frau, habe in der Kantine eines Gymnasiums gearbeitet und daneben zu Hause meinen Garten und meinen Haushalt geschmissen, so wie es heute viele Frauen neben ihrer Arbeit tun.

akromegalie-gartenarbeit-diabetes

2 - Wie kam es bei Ihnen zur Diagnose Akromegalie?
Mit der Diagnose ging das nicht so schnell. Ich hatte Schmerzen in den Knochen, den Gelenken, häufig Probleme mit meiner Gesundheit, den Ellenbogen, Rizarthrose in den Händen, Karpaltunnelsyndrom, Bluthochdruck, Diabetes, Allergien, ein Fibrom, Probleme mit der Schilddrüse und war ausgesprochen müde. Das alles kam so alles nacheinander, ohne dass mein Arzt dafür eine wirkliche Ursache fand. Aufgrund meines Berufs und der Tatsache, dass ich viel Gartenarbeit machte, tippte er auf Arthrose. Wenn Ihnen ein Arzt so etwas sagt, glauben Sie ihm.

So vergingen die Jahre und irgendwann war mein Arzt in Rente. Meinen neuen Arzt beunruhigten meine ganzen Gesundheitsprobleme. Er schickte mich zum Endokrinologen. Der brauchte mich nur zu sehen, um die Diagnose zu stellen: „Ich weiß, woran Sie erkrankt sind. Sie haben Akromegalie.“

Schlagartig war mein Leben um 10 Jahre kürzer geworden! Die Diagnose hat mich richtiggehend umgehauen. Über die Krankheit wusste ich anfangs so gut wie nichts. Dann kam eines zum anderen: Messen des Spiegels an Wachstumshormonen, MRT der Hypophyse, Spritzen mit Sandostatin, OP…

Meine Wachstumshormone sind heute wieder am Abnehmen, d. h. die Akromegalie geht nicht weiter, aber ich muss immer noch regelmäßig zum Arzt.

Meine ganzen Gesundheitsprobleme kamen von dieser Krankheit. Ein Endokrinologe erkennt so etwas sofort, weil er solche Patienten regelmäßig bzw. zumindest ab und zu sieht. Der Chirurg, der mich operiert hat, hat gesagt, dass er in der Poitou-Charentes etwa drei bis vier solche OPs pro Jahr macht. Das ist nicht besonders viel. Ein Allgemeinmediziner dagegen sieht in der Regel während der ganzen Jahre, in denen er praktiziert, keinen einzigen. Man sollte seinen Arzt halt keine 30 Jahre behalten, sondern ihn auch mal wechseln.

3 - Was für Auswirkungen hat Ihre Erkrankung auf Ihren Alltag?
Nach der Diagnose ging ich überhaupt nicht mehr aus dem Haus. Dass der Arzt mich gesehen und zu mir gesagt hat „Ich weiß, was Sie haben“, hat mir den Rest gegeben. Meine Bekannten, die wissen, was ich habe, sagten zu mir: „Sei froh, dass die jetzt herausgefunden haben, was du hast. Sonst wärst du noch ein Monster geworden!“ Zu denen, die so reagiert haben, habe ich jeden Kontakt abgebrochen. Ich mochte meinen Körper vorher schon nicht. Heute mag ich ihn noch weniger, aber damit muss ich leben.

Meine Schuhgröße ist jetzt 43 (vorher hatte ich so 41 ½). Viel Auswahl gibt es da für mich nicht, was Schuhe betrifft. Mit meinen Händen ist das dasselbe. Sie sind viel größer geworden, wirken plump. Meine Ringgröße ist jetzt 64. Mir bleibt nur übrig, zum Psychologen zu gehen und ein Antidepressivum zu nehmen, um das alles zu verdauen. Ein Monster bin ich natürlich nicht. Ich bin mittlerweile 56, habe mich also auch vom Alter her etwas verändert. Eigentlich bin ich ganz normal. Mit großen Füßen und riesigen Händen halt. Aber ganz so fällt das gar nicht auf, weil ich mit meinen 1,70 m für eine Frau sowieso recht groß bin. Meine Hausarbeit erledige ich so gut wie möglich. Ich muss nicht mehr perfekt sein und habe entschieden, dass es Zeit ist, mich um mich zu kümmern!

4 -Was tun Sie heute, um mit der Erkrankung klarzukommen? Was für Tipps würden Sie einer Person geben, die ebenfalls an Akromegalie erkrankt ist? Wie kommt man im Alltag mit Akromegalie besser zurecht?
Ich bin seit 3 Jahren krank geschrieben. Ich gelte bald als erwerbsunfähig, da ich ständig müde bin und körperlich gar nicht mehr arbeiten kann. Wegen meiner Akromegalie und meinem Diabetes muss ich regelmäßig zum Endokrinologen. Ich führe ein einfaches Leben ohne Stress. Ich mache heute, was ich machen kann. Was ich nicht machen kann, verschiebe ich auf morgen. Die Ansprüche an mich selbst habe ich um einiges heruntergeschraubt.

5 - Möchten Sie unseren Lesern und v. a. denjenigen, die auch an Akromegalie erkrankt sind, noch etwas Positives sagen?
Behaltet nicht 30 Jahre lang den gleichen Arzt! Lasst euch operieren, das hält die Akromegalie auf.

Nehmt das Leben so, wie es kommt. Macht euch nicht pausenlos Sorgen, seid glücklich und trennt euch von falschen Freunden.

Genießt das Leben, habt Spaß mit eurer Familie, mit euren wahren Freunden und macht das, worauf ihr Lust habt. Schiebt das nicht auf die lange Bank. Das Leben ist schön!

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avatar Léa Blaszczynski

Autor: Léa Blaszczynski, Gesundheitsredakteurin, Kommunikationsexpertin

Da sie seit 2013 bei Carenity ist, birgt das Schreiben von Gesundheitsartikeln für Léa keine Geheimnisse mehr. Ihr besonderes Interesse gilt den Bereichen Psychologie, Ernährung und körperlicher Aktivität.

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12 Kommentare


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Abgemeldeter Nutzer
am 12.11.17

Hallo ich bin selbst auch an Akromegalie erkrankt,allerdings der Jugendform!


Tina65
am 26.11.17

Hallo! 

Bei meiner Tochter (24) würde vor 2 Monaten ein hochgradiger Verdacht auf eine milde Akromegalie gestellt. Allerdings hat sie massive Kiefer- und Nackenschmerzen, die sie völlig unfähig machen, ihr Studium zu beenden. 

Es wird nun ein Therapieversuch mit Cabergolin gestartet, da auch die Prolaktin erhöht sind.


Wunderle
am 17.01.18

Hallo,

bei mir wurde auch im September 2017 die Diagnose gestellt. Mir ging es seit Ca. 1 Jahr nicht gut und der Tumor zeigte sichvzufällig auf dem MRT für die Halswirbelsäule. Auch bei mir war der Prolaktinwert 30 Fach erhöht und auch das IGF1. Ich habe eine leichte Form der Akromegalie.

ich nehme Dostinex seit November. Beide Werte sind gesunken. Allerdings werde ich bald operiert. Man sagte mir in Deutsvhland

ist bei Akromegalie die Operation die erste Wahl. 

Mir geht es sehr schlecht. Probleme mit den Muskeln und Gelnken und immer müde. Arbeiten kannnich im Moment nicht. Ich hoffe, dass es nach der OP besser wird.


Sammy13
am 09.02.18

Hallo, ich bin neu hier und habe vor wenigen Stunden die Diagnose Akromegalie bekommen. Ich weiß noch gar nicht so recht wie ich damit umgehen soll.

Scrolle mich gerade so durch´s Internet um mehr von dieser Krankheit zu erfahren.

Hatte scheinbar Glück mit meinem Hausarzt! Er hat mich vor zwei Wochen sehr gründlich untersucht und alles in Bewegung gesetzt (MRT).

Tja und heute hat er mir seinen Verdacht bestätigt, nachdem der Befund vom MRT endlich da war. 

Jetzt soll ich zur Absicherung nochmal in die Neurochirugie in WÜ oder Erlangen. Kann mir jemand von euch eine Klinik empfehlen?

Danke schon mal!


Tina65
am 30.04.18

Hallo,

Hattet/habt Ihr ein Makro - oder Mikroadenom? 

Meiner Tochter wurde erklärt, die Symptome könnten bei einem Mikroadenom nicht sein, ihre Hormonwerte wären für die massiven Muskel-und Kieferschmerzen nicht hoch genug. Cabergolintherapie hat die Hormonwerte nicht senken können, nun wird es mit Somatostin Autogel 60 mg alle 4 Wochen versucht. Ihr geht es immer schlechter.

@ Wunderle: wurdest du inzwischen operiert? Wie geht's dir inzwischen?

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