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Enttäuschungen und überflüssige Untersuchungen: Eine Patientin mit Morbus Behçet berichtet

Veröffentlicht am 27.03.2019

"Wenn man eine seltene Krankheit hat, ist das Problem die Diagnose und ich hatte Glück, denn sie fiel nur 8 Monate nach Beginn meiner ersten Symptome. Aber ich muß sagen, daß ich den Ärzten die Arbeit vorgekaut habe, da ich sie vor ihnen gefunden habe! So traf ich während meiner spannenden und ereignisreichen medizinischen Reise mehrere Ärzte und danke ihnen, daß sie mich zu diesem Beitrag inspiriert haben. "

Enttäuschungen und überflüssige Untersuchungen: Eine Patientin mit Morbus Behçet berichtet

Schnelle, oft lächerliche Untersuchungen

Da war derjenige, der bei einer Angina nicht meinen Hals untersuchte, aber dafür gewissenhaft genug war, um meine Brust zu überprüfen. Geht es nicht schneller den Mund zu öffnen? Vielleicht war es der Monat der Brustkrebsvorsorge.... Glücklicherweise war ich nicht während der Woche der Prävention von Darmkrebs dort! Auf jeden Fall, bei 23 Euro pro Arztbesuch, der Punkt auf die Uhr 5 Minuten dauert, hätten wir in dieser Stadt so viele Ärzte wie Friseure, wenn es nicht 10 Jahre Studium benötigte! Dann war da noch der Blutabnahmefan: Mit 5 Bluttests in weniger als 2 Monaten hätte man leicht eine Blutwurst machen können! Oder vielleicht bekam er eine Provision für jeden Patienten, den er ins Labor schickte!

Ganz zu schweigen von den Ärzten, die einem den Eindruck vermitteln, auf einem Dynamitstab mit einem für 2 Minuten eingestellten Timer zu sitzen. Der Vorteil ist, daß man länger im Wartezimmer verharrt, als in der Ordination und so hat man Zeit, sich Keime einzufangen, die man noch nicht hatte, um beim nächsten Mal mit anderen Symptomen wiederzukommen. Zu schade, daß es keine Kundenkarte gibt, sonst könnte ich im Angebot zu nächsten Untersuchung gehen!

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Eine erste Fehldiagnose: rheumatoide Arthritis und Mandeloperation

Danach habe ich einen Rheumatologen aufgesucht. Er sah mindestens 1,5 Sekunden lang auf meine Beine und sagte, als ob es eine gute Nachricht wäre: "Tja, da haben wir eine schöne rheumatoide Arthritis". Wenn der Name der Krankheit mehr als 2 Silben beträgt, neigt man dazu zu denken, daß dies kein gutes Zeichen ist. Aber mit dem Wort "schön" war ich geschmeichelt und völlig beruhigt! Ohne jeglicher Erklärung, verschrieb er mir von vornherein Methotrexat, was mir erlaubte, meine Erinnerungen an die Zeit als Partystudent wieder aufleben zu lassen: Ich hatte Fieber, aber keineswegs « Saturdaynight fever » und reinigte den Boden mit den Knien, in dem ich ein ganzes Wochenende lang von der Toilette zur Couch rutschte. Wenn die Behandlung schlechter ist als die Symptome, warum nicht gleich einem Masochistenclub beitreten!

Dann war eine Mandeloperation an der Reihe. Es hatte zwar nichts mit meinen Symptomen zu tun, aber ich spürte, daß es meinen Hals-, Nasen-, Ohrenarzt glücklich machte. Ich fühlte mich, als wäre ich wegen eines Scheibenwischerproblems in einer Werkstatt gewesen und käme schließlich mit einem neuen Motor heraus! Aber das Allerbeste war der Apotheker, der kein Rezept lesen konnte und mir einige nette Brauseartikel gab. Und das Rezept war nicht einmal auf Lateinisch! Wenn du gerade operiert wurdest und Säure und Gas in deinen Rachen spülst, fühlt sich das an wie das Schlucken von Rasierklingen, aber in diesem Fall wurde es von einer Person ausgehändigt, die ein fünfjähriges Studium hinter sich hatte! Ich hatte in Betracht gezogen, zum Apotheker zurückzukehren, um mit ihm über die Risiken von Blutungen zu diskutieren, aber da ich kaum reden konnte, gab ich die komische Idee auf, ihn zu rügen: Mit jemandem im Flüsterton zu streiten, wirkt nicht sehr glaubwürdig!

Einen behandelnden Arzt finden

Inzwischen hatte ich einen behandelnden Arzt gesucht, aber es ist einfacher, eine Niere auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen, als einen Arzt zu finden, der bereit ist, einen zu akzeptieren. Außerdem gibt es ein Problem mit der Wortwahl, ein Versprecher, da die Sekretärinnen mir gerne wiederholten: "Die Praxis nimmt keinen neuen Kunden an".... Ich habe endlich das seltene Juwel gefunden und es war der erste Arzt, der mir diesen außergewöhnlichen Satz sagte: "Ich weiß es nicht". Eine Offenheit, die mich seltsamerweise beruhigt hat.

Als ich hatte, was sich als eine oberflächliche Venenthrombose (ein Gerinnsel in einer Vene) herausstellte, war ich unglücklicherweise zu diesem Zeitpunkt nicht in meiner Region. Nachdem ich von allen Ärzten der Stadt abgelehnt wurde, trat ich in eine weitere Praxis ein. Das Wartezimmer war leer und es gab keine Sekretärin. Die Ärztin kam schließlich nach 20 Minuten heraus, um mir zu sagen, daß sie an diesem Tag keine Untersuchungen durchführte. Da nicht in die Notaufnahme gehen wollte und durch einen Nachmittag erfolglosen Suchens erschöpft war, musste ich meine letzte Karte auspielen, um ärztliche Betreuung zu erhalten: die Drohung. Sehr ruhig erklärte ich ihr meine gesundheitlichen Bedenken, indem ich sie warnte, dass ich im Fall einer Lungen- oder Herzembolie (böses, unerwünschtes Gerinnsel im Herzen oder in der Lunge) erklären müsste, dass sie sich geweigert hatte, sich um mich zu kümmern. Nachdem sie sich die riesige Mühe gemacht hatte, mich vor ihren Schreibtisch hinsetzen zu lassen, suchte sie bei Google nach dem, was sie tun konnte! Aber ja, warum den Rat eines Profis zu suchen, wenn zwei Klicks im Internet genügen? All dies, um mir eine Sorte von Honigbonbons zu geben, wobei ich, nachdem ich es geschafft hatte, meinen Arzt zu erreichen, Antikoagulanzien-Injektionen in meinen Magen verschrieben bekam.

Die Morbus Behçet Diagnose

Ein paar Entzündungen der Gelenke und der Hornhaut später bestätigte ein Arzt in der Notaufnahme schließlich, was ich herausgefunden hatte, indem ich tonnenweise Thesen und andere spannende medizinische Dokumente gelesen hatte. Zwischen der Kaffeemaschine und dem Hustensaft sprach er schließlich den Satz aus, der mich gleichzeitig erlösen und einsperren würde: "Sie haben die Morbus Behçet Krankheit". Man könnte annehmen, daß man ein paar Sätze zur Vorbereitung kommen würden, bevor man Ihnen eine seltene unheilbare Autoimmunerkrankung ankündigt, die Ihre Gelenke und Gefäßsystem befällt, und dass man Ihnen eventuell einen Stuhl zur Verfügung stellt, falls Sie in Ohnmacht fallen. Aber nein, Ärzte sind nicht diplomatisch, viele andere Patienten warten und Budgetkürzungen bedeuten, daß Taktgefühl nicht in die Behandlung einbezogen wird. Jedem seinen Job: Wenn Du ein wenig Mitgefühl willst, dann zahle 150 Euro, um einen Psychologen aufzusuchen! Also nimmt man es auf sich, den Ärzten nicht mehr Arbeit mit einem lächerlichen kleinen Unwohlsein aufzuhalsen, und geht brav zum Ausgang, um die gute Nachricht den Angehörigen zu verkünden, die sich seit 3 Stunden und einigen Monaten schreckliche Sorgen machen.

Das Leben nach der Diagnose

Seit der Verkündung des « Urteils » verbringe ich meine Zeit in Verwaltungsverfahren, mit all den Freuden, die dies mit sich bringt: Papierkram, Organisationen, die sich den Schwarzen Peter weitergeben, und Hauptversammlungen mit nutzlosen Informationen, bei denen man ein paar wertvolle Stunden verschwendet, ohne irgendwelche Ratschläge für seine außergewöhnliche Situation zu erhalten. Jetzt begreift man plötzlich, wieviel Energie es braucht, um krank zu sein! Tatsächlich muss man schikanieren, um die geringste Antwort zu bekommen, und ich habe gelernt, dass man leider drangsalieren, weinen oder schreien muss, um etwas zu erhalten, und selbst wenn man das alles macht, kommt dabei nicht viel raus.

Das Schlimmste für mich ist nicht der Ärger mit den Formalitäten oder gar der Schmerz: es ist das Warten: Warten auf einen Termin, auf die Untersuchungen, auf die Ergebnisse, auf die Bearbeitung meiner Anfragen, Warten auf eine Antwort. Aber das Leben wartet nicht und wenn man leidet, können die Tage endlos sein. Wenn man nach einer Gehirn-MRT ohne weitere Formalitäten ein Blatt Papier erhält, ein tolles Wort wie "Aneurysma" liest, und dann fast sechs Monate auf eine ergänzende Untersuchung warten muss, erscheint einem die Zeit in der man jederzeit einen Schlaganfall befürchtet lang.

Aber das alles hat zwei Vorteile. Erstens weiß ich glücklicherweise nicht nur, daß zahlreiche andere Patienten die gleichen Probleme haben, sondern auch, daß es viel Schlimmeres gibt. Und dies trägt dazu bei, die Probleme zu relativieren. Zweitens hatte ich die Möglichkeit, viele komplizierte medizinische Begriffe zu lernen: nicht sehr nützlich in Gesprächen über das Wetter, aber es kann beim Scrabble helfen, wenn man nur Konsonanten in seinem Spiel hat!

Mein Ratschlag an andere Patienten

Auch wenn es Energie kostet, zögern Sie nicht, für die bestmögliche Behandlung zu kämpfen. Durch die Suche nach Lösungen ermöglicht uns diese Krankheit, Ressourcen zu entwickeln: Wir werden stärker, wir genießen die kleinen Freuden des Lebens besser, wir lernen uns auf das Positive zu konzentrieren, wie die Ruhepausen zwischen zwei Entzündungsanfällen. Passen Sie auf sich auf, hören Sie auf Ihren Körper, nehmen Sie sich Zeit, um sich zu entspannen und lieben Sie sich selbst: Niemand macht das besser als Sie! Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass es uns mit der richtigen Mischung von Behandlungen (medizinische oder nicht), einem gesünderen und ruhigeren Leben gelingen kann, die Krankheit in den Griff zu bekommen.

 

 

 

Vielen Dank an Claire für ihre Geschichte. Und wie haben Sie von Ihrer Diagnose erfahren? Zögern Sie nicht, zu diesem Bericht Stellung zu nehmen oder unsere der Diagnose gewidmeten Umfrage zu beantworten, die und uns helfen wird, einen bald erscheinenden Artikel über Carenity zu verfassen.

 

 

1 Kommentar


Lizzwee
am 13.05.19

danke für den beitrag!

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