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Neues zum Thema Patientenverfügung

Veröffentlicht am 24.09.2015 • Von Giovanni Mària

Neues zum Thema Patientenverfügung

Verbesserung von Patientenverfügungen: Fürs Lebensende gut beraten

Soll alles medizinisch Mögliche gemacht, das Leben um jeden Preis verlängert werden? Oder sollen in der letzten Lebensphase nur die Schmerzen gelindert werden? Wie können Betroffene festhalten, wenn sie ihre Meinung im Lauf des Sterbeprozesses ändern? Um diese und andere Fragen geht es, wenn der Entwurf des Hospiz- und Palliativgesetzes am Montag im Bundestag öffentlich angehört wird und am Mittwoch Abgeordnete fraktionsübergreifend mit Sachverständigen zum Thema Sterbebegleitung diskutieren.

Egal ob nach einem Unfall oder nach langer Krankheit, in kritischen Situationen sind Patienten oft nicht bei Bewusstsein und können ihre Einwilligung oder Ablehnung zur medizinischen Behandlung nicht selbst geben. Patientenverfügungen sollen helfen, diese wichtigen Fragen vorab zu klären und im Sinne der Betroffenen festzulegen, wie Mediziner handeln sollen und wie nicht.

Einfach ist die Sache aber nicht: So schwierig wie die Frage, wie man mit einer zukünftigen Krankheit umgehen möchte, so kompliziert ist es, die Formulare auszufüllen. Ab wann ist beispielsweise das Gehirnunwiderruflich geschädigt? Wann ist der Sterbeprozess unabwendbar? Was tun bei einer schweren Krebserkrankung, die nicht mehr heilbar ist, intensivmedizinische Maßnahmen das Leben aber ein wenig verlängern könnten?

 

Der Laie ist mit diesen Fragen schnell überfordert.

Immer wieder über Wünsche sprechen

Hilfe gibt es zwar von juristischer oder medizinischer Seite. Notare, Ärzte oder Verbände bieten ihre Dienste an, verlangen jedoch mitunter nicht wenig Geld dafür. Als Patientenverfügungen 2009 gesetzlich geregelt wurden, entschied sich die Politik gegen eine Kostenübernahme. Daher sind die Verfügungen wenig verbreitet, obwohl sie eigentlich die Patientenautonomie stärken und Ärzte sowie Angehörige vor stressigen Entscheidungen bewahren können. Zudem sind sie oft nicht so detailliert und aussagekräftig, wie sie nach dem Gesetz sein sollten, um verbindlich zu sein. Aus diesem Grund werden sie nicht immer beachtet.

"Die konventionelle Umsetzung der Patientenverfügung ist vollständig gescheitert", sagt Jürgen in der Schmitten von der Uni Düsseldorf. Der Palliativmediziner tritt stattdessen für eine umfassende Versorgungsplanung ein, wie sie in Australien, den USA oder Neuseeland unter dem Begriff "Advance Care Planning" schon verbreitet ist. Das Konzept sieht vor, dass interessierte Patienten oder auch Gesunde in einem längeren Gesprächsprozess über ihre Wünsche sprechen, welche in eine Patientenverfügung einfließen können.

 

Dabei werden sie von geschulten Gesprächsbegleitern beraten. Auch enge Familienangehörige, Hausärzte oder Pfleger können beteiligt werden. Indem der Ansatz der gesundheitlichen Versorgungsplanung ein Netzwerk mit Vertrauenspersonen einbezieht, soll im Ernstfall schnell die Entscheidung getroffen werden können, die dem Patientenwunsch entspricht. Regelmäßige Gespräche können die sich im Laufe der Zeit verändernden Einstellungen berücksichtigen.

Wenn die Patientenverfügung nicht verstanden wird

Einen ähnlichen Ansatz bietet das Agaplesion Markus Krankenhaus in Frankfurt bereits seit einigen Jahren an. Nach der Beratung hätten zwei Drittel der Teilnehmer ihre Patientenverfügung geändert, weil sie verschiedene Punkte vorher nicht richtig verstanden hatten, sagte der Medizinethiker Kurt Schmidt auf einer Tagung zum "Advance Care Planning" in München.

Das US-amerikanische Unternehmen Kaiser Permanente bietet "Advance Care Planning" in vielen seiner Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen an. Im Norden Kaliforniens seien seit 2013 schon 845 Berater ausgebildet und mehr als 50.000 Gespräche geführt worden. Jedem Teilnehmer würden mehrere Termine angeboten, die jeweils ein bis zwei Stunden dauerten, sagte der Palliativmediziner Daniel Johnson von Kaiser Permanente.

In einem Forschungsprojekt hat der Allgemeinmediziner in der Schmitten zusammen mit dem Medizinethiker Georg Marckmann von der Universität München bestätigt, dass dieser Ansatz zu deutlich besser ausgearbeiteten Patientenverfügungen führt.

 

Früher mit dem Sterben beschäftigen

Damit haben sie auch das Interesse des Bundesgesundheitsministeriums geweckt. Noch dieses Jahr soll das Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung verabschiedet werden, das sich auch dieses Themas annimmt. Pflegeeinrichtungen können ihre Bewohner beraten und Netzwerke zur gesundheitlichen Versorgungsplanung aufbauen - und Kosten über die gesetzliche Krankenkasse abrechnen.

Laut Till-Christian Hiddemann vom Gesundheitsministerium soll auf diesem Weg die Grundlage für die Einführung der Versorgungsplanung in Deutschland geschaffen werden. "Es geht darum, die Strukturen im Gesundheitssystem so zu ändern, dass eine wohlüberlegte und aussagekräftige gesundheitliche Versorgungsplanung in der medizinischen Praxis berücksichtigt wird", so Hiddemann.

Der Allgemeinmediziner Nils Schneider von der Medizinischen Hochschule Hannover begrüßt diesen ersten Schritt. Dieser müsse aber schon früher getan werden: Erst im Pflegeheim mit der Versorgungsplanung zu starten, sei definitiv zu spät. "Die Menschen kommen in einem Gesundheitszustand ins Heim, der schon vorher viele Entscheidungen erfordert", sagte er auf der Tagung in München. Auch sind ältere Menschen dann oft bereits kognitiv beeinträchtigt. Laut Erika Stempfle vom Diakonie-Bundesverband brauche es außerdem deutlich mehr Geld, als bisher eingeplant.

 

Ansonsten könnten die Wünsche der Patienten am Ende nicht umgesetzt werden.

Quelle: spiegel.de

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Autor: Giovanni Mària, International Traffic Manager

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7 Kommentare


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Abgemeldeter Nutzer
am 27.09.15

Ernstes Thema. Würde mich interessieren, wie das andere so halten. Ich selbst habe in der Richtung noch rein gar nichts unternommen.


Loreley
am 28.09.15

Hatten das Problem schon in der Familie.

Eine nahe Angehörige hatte Krebs und eine solche Verfügung aufgesetzt. Die genauen Formulierungen hatte sie aus dem Netz, das Ganze war recht allgemein gehalten (genau erinnere ich mich nicht mehr daran, ist schon ein paar Jahre her).

Als wir die Verfügung dann dem Arzt gezeigt haben, meinte er, das Ganze sei so absolut wertlos - mit Ausnahme eines Punktes, dass die Entscheidung für den Fall der Fälle (z. B. Maschinen abstellen, künstliche Ernährung ja oder nein) zwei Angehörigen übertragen wurde.

Problem war dann, dass diese Angehörigen sich nicht in der Lage sahen, diese Entscheidung zu treffen und sich auch absolut nicht einig waren.

Man sollte sich also außerdem gut überlegen, wen man da vorsieht und dies mit der entsprechenden Person lange und gründlich besprechen und ihr auch die Zeit lassen sich zu entscheiden, ob sie so eine Verantwortung tragen will oder nicht.


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Abgemeldeter Nutzer
am 04.10.15

Da stimme ich dir absolut zu, Loreley!

Hört sich so an, als hättest du dann die Entscheidung treffen müssen...

(Musst darauf nicht antworten, wenn du nicht willst.)


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Abgemeldeter Nutzer
am 29.02.16

Hallo, ich habe auch schon oft drüber nachgedacht eine Patientenverfügung zu verfassen habe es dann aber doch gelassen,ich weiss nur soviel für mich steht fest das ich an keine Lebenserhalten Maschinen angeschlossen werden möchte und wenn ich Schmerzen habe das ich genügend Schmerzmittel bekomme das es noch zum Ende hin erträglich ist.Aber sie können mir auch eine Spritze geben wenn nix mehr zu machen ist von Medizinischer Seite aus.

L:G: 

Renate


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Abgemeldeter Nutzer
am 01.03.16

Beim Schreiben einer solchen Verfügung sollte man sich unbedingt von einem Fachmann beraten lassen, ansonsten ist die nämlich gar nichts wert. Alles schon erlebt. Da muss man sowohl auf die Formulierungen als auch auf andere Formalien achtgeben.

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