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Multiple Sklerose und Coronavirus

Veröffentlicht am 06.05.2020 • Aktualisiert am 07.05.2020 • Von Camille Dauvergne

Multiple Sklerose ist eine chronische entzündliche Autoimmunerkrankung des Zentralnervensystems. Derzeit leiden in Deutschland rund 240 000 Menschen an MS. Diese Krankheit tritt am häufigsten bei jungen Erwachsenen (25-35 Jahre alt) und in drei von vier Fällen bei Frauen auf. Die Symptome sind vielfältig und wenig aussagekräftig, sie reichen von Konzentrations- und Gedächtnisproblemen bis hin zu Gehschwierigkeiten und extremer Müdigkeit... 

Ist MS im gegenwärtigen Kotext ein Risikofaktor für Komplikationen mit Covid-19? Spielen Behandlungen bei der Coronavirus-Infektion eine Rolle? Kann das Coronavirus MS verschlimmern? Wir beantworten Ihre Fragen!

Multiple Sklerose und Coronavirus

Ich habe Multiple Sklerose (behandelt oder unbehandelt), bin ich durch Covid-19 einem höheren Kontaminations- oder Komplikationsrisiko ausgesetzt?

Laut Prof. Thibault Moreau, Leiter der neurologischen Abteilung am Universitätsklinikum Dijon, scheint die Multiple Sklerose selbst kein höheres Risiko für Kontaminationen und Komplikationen mit Covid-19 als die Allgemeinbevölkerung aufzuweisen. Ebenso scheint das SARS-coV-2-Coronavirus die MS-Schübe oder Symptome nicht zu verschlimmern.

Das Risiko von Komplikationen ist bei Behandlungen, die immunsuppressiv wirken (Gilenya, Elsep, Tysabri), wahrscheinlicher. Tatsächlich schwächen diese Behandlungen, die bei schweren Formen von MS eingesetzt werden, die Immunabwehr der Patienten, die daher angesichts von Infektionen anfälliger sind. Bei der Einnahme immunsuppressiver Behandlungen ist es von entscheidender Bedeutung, dass Barrieregesten so strikt wie möglich eingehalten werden.

Achten Sie darauf, eine immunsuppressive Behandlung oder ein anderes Protokoll nicht ohne den Rat des Arztes oder Neurologen des Patienten abzubrechen! MS könnte fortschreiten und Komplikationen verursachen. Fahren Sie daher mit Ihren Behandlungen wie gewohnt fort, konsultieren Sie Ihren Neurologen oder behandelnden Arzt regelmäßig telefonisch oder vorzugsweise per Telekonsultation und führen Sie Ihre biologischen Nachuntersuchungen durch, die für die Überwachung Ihrer MS unerlässlich sind.

Ist im Falle eines Schubs die Einnahme von Kortison eine Möglichkeit?

Die Behandlung von Schüben beruht auf der Injektion hochdosierter Kortikoide über einen kurzen Zeitraum (entzündungshemmende Wirkung), wie z.B. Solumedrol oder Methylprednisolon. Laut Prof. Moreau gibt es kein vordefiniertes Behandlungsschema. Die Wahl der Kortikosteroid-Injektion wird vom Arzt beurteilt und hängt von der Intensität der Attacke ab. Im Falle eines schweren Schubs ist die Injektion von Kortikosteroiden notwendig. Im gegenwärtigen Kontext ist es vorzuziehen, die Injektion zu Hause und nicht im Krankenhaus durchzuführen oder die orale Einnahme von Kortikosteroiden in Erwägung zu ziehen.

Meine MS-Behandlung wurde wegen der Gesundheits-Krise unterbrochen, ist das problematisch?

Diese Entscheidung wird von Fall zu Fall getroffen und sollte mit dem Patienten besprochen werden, um ihn über die Gründe zu informieren. Wenn Ihr Arzt jedoch der Ansicht ist, dass es möglich ist, Ihre Behandlung vorübergehend zu unterbrechen und/oder zu verschieben, stellt dies kein Risiko für den Verlauf Ihrer MS dar und verringert das Risiko von Komplikationen, wenn Sie sich mit Covid-19 infizieren.

Wenn ich Symptome von Covid-19 habe, an wen sollte ich mich wenden?

Bei Anzeichen einer Infektion (Fieber, Husten, Atembeschwerden, Schmerzen usw.) wenden Sie sich zunächst an Ihren Hausarzt, der Ihre klinischen Symptome beurteilen kann. Sie können auch Ihren Neurologen anrufen. Je nach Ihrem Allgemeinzustand, Ihrer Vorgeschichte und Ihren Behandlungen entscheiden sie, ob ein Krankenhausaufenthalt erforderlich ist oder nicht. Im Falle eines Notfalls, wie z.B. bei schwerem Atemversagen, rufen Sie natürlich die 112 direkt an.

Schützen Immunmodulatoren vor der durch SarscoV-2 induzierten starken Immunreaktion?

Die Immunreaktion ist eigentlich ein Zytokinschock. Es handelt sich um ein akutes pro-inflammatorisches Phänomen, das nach einer viralen oder bakteriellen Infektion, der Aktivierung einer entzündlichen Krankheit wie MS oder der Verabreichung bestimmter Gentherapien auftreten kann. Diese Ereignisse erzeugen kleine entzündliche Läsionen, die zu einer großen Freisetzung von Zytokinen führen, die Immunzellen kräftig und plötzlich aktivieren. Oder eine Hyperinflammation, die tödlich sein kann. Dieses Phänomen ist verantwortlich für akute Atemnotsyndrome bei Patienten, die wegen Covid-19 ins Krankenhaus eingeliefert wurden.

Bei MS werden Immunmodulatoren wie Copaxone, Avonex oder Rebif verabreicht, um diese exzessiven Immunreaktionen zu regulieren und die Entzündung infolge einer Schädigung der Myelinscheide zu verringern.

Die wissenschaftliche Gemeinschaft stellt daher die Nützlichkeit immunmodulierender Moleküle zur Prävention des akuten Atemnotsyndroms bei Patienten mit Covid-19 in Frage. Vorläufig scheinen krankheitsmodifizierende Therapien für MS laut Prof. Moreau keinen Einfluss auf dieses Phänomen zu haben.

Gibt es ein spezielles Protokoll für Menschen, die Immunsuppressiva erhalten, im Falle eines Krankenhausaufenthalts?

Im Falle einer schweren Form von Covid-19, die einen Krankenhausaufenthalt erfordert, erhalten MS-Patienten, die mit Immunsuppressiva behandelt werden, die gleiche Krankenhausbehandlung wie andere Patienten. Dazu gehört eine enge Überwachung der Atemwege durch Ärzte.

Ich habe MS, kann ich an klinischen Studien zu Covid-19 teilnehmen?

Theoretisch ist MS kein Kriterium für die Nichteinbeziehung (= Verweigerung der Teilnahme) an einer klinischen Studie. Sie können also teilnehmen, es sei denn, das klinische Studienprotokoll stellt ein Problem der Wechselwirkungen mit Ihren Behandlungen dar. Mögliche Risiken müssen vor Beginn der klinischen Prüfung analysiert werden.

Wie kann ich meine Rehabilitation während der Kotaktsperre fortsetzen?

MS ist eine chronische Krankheit, die ein multidisziplinäres Management erfordert. Über die Konsultationen mit dem Neurologen für Ihre Grundbehandlungen hinaus ist es besonders wichtig, Ihre Nachsorge mit anderen Fachärzten (Urologe, Augenarzt, Psychologe, Physiotherapeut, Krankenschwester, Sprachtherapeut...) fortzusetzen, um eine Verschlechterung Ihres Allgemeinzustandes zu vermeiden.

Weil die Physiotherapie derzeit oft ausfällt, hat die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) das Projekt Daily Spoks gestartet: Auf dem gleichnamigen YouTube-Kanal veröffentlicht die Sportwissenschaftlerin Stephanie Woschek jeden Tag ein etwa 20-minütiges Nachmach-Video zum Heimtraining.

Kann ich meine berufliche Tätigkeit wieder aufnehmen?

Die Wiederaufnahme Ihrer beruflichen Tätigkeit ist mit Ihrem Arzt zu besprechen. Sie hängt von der Art Ihrer Behandlungen und der Art Ihrer MS ab. Jede Situation muss von Fall zu Fall mit dem Neurologen analysiert werden.

Im Allgemeinen wird Patienten, die Immunsuppressiva einnehmen und/oder eine aktive und schwere Form der Erkrankung haben, empfohlen, über den Zeitpunkt der Lockerung der Kontaktsperre hinaus zu Hause zu bleiben. Wenn Sie an einer milden Form der Erkrankung leiden, die nicht mit Immunsuppressiva behandelt wird, ist das Risiko geringer und eine Lockerung kann in Betracht gezogen werden (vorbehaltlich der Entscheidung des Arztes).

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Autor: Camille Dauvergne, Junior Community Manager Frankreich

Camille Dauvergne ist derzeit Junior Community Manager bei Carenity. Sie unterstützt den Community Manager Frankreich bei der Animation der Plattform, indem sie die Navigation der Mitglieder erleichtert und ihre... >> Mehr erfahren

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