MS und Schwangerschaft
Veröffentlicht am 09.12.2020 • Von Doriany Samair
MS ist eine neurologische Autoimmunerkrankung, von der mehr Frauen (75%) als Männer betroffen sind. Diese sind häufig jung (zwischen 20 und 40 Jahren) und somit im gebärfähigen Alter. Der Kinderwunsch, der ihnen früher nicht erlaubt war, kann heute gelassen angegangen werden.
Kann man eine Schwangerschaft in Betracht ziehen, wenn man an MS leidet? Kann MS es schwieriger machen, schwanger zu werden? Kann man eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit MS in Betracht ziehen? Wie steht es bei einer schlecht kontrollierten MS oder bei einer laufenden Behandlung? Kann ich meine Behandlung abbrechen? Wie verläuft eine Geburt bei MS? Wir erzählen Ihnen alles in unserem Artikel.
Seine Schwangerschaft planen & Schübe kontrollieren
Eine Schwangerschaft ist bei Frauen mit Multipler Sklerose nicht kontraindiziert. In der Tat hat die Krankheit an sich keinen Einfluss auf die Fruchtbarkeit der Frau, die Entwicklung eines Kindes oder gar auf die Geburt. Eine Frau kann durchaus in Betracht ziehen, ein Kind zu bekommen, selbst wenn sie an dieser Krankheit leidet.
A priori haben Frau mit MS keine verminderte Fruchtbarkeit. Andererseits haben einige Studien eine erhöhte Prävalenz sexueller Dysfunktion bei Männern (fast 65%) und Frauen (40%) mit MS gegenüber 10% in der Allgemeinbevölkerung hervorgehoben. Bei Frauen kann es zum polyzystischen Ovarialsyndrom und bei Männern zu einem Problem mit den Spermien kommen. Infolgedessen stellen die medizinisch unterstützten Fortpflanzungsmethoden (MAP) wie bei jedem anderen Paar durchaus eine Möglichkeit dar. Zur Erinnerung: Diese Methoden werden verwendet, um die günstigsten Bedingungen für eine Befruchtung hervorzubringen (hormonelle Behandlungen zur Förderung des Eisprungs, künstliche Befruchtung, In-vitro-Befruchtung (IVF), etc.).
Die verschiedenen Formen von Multipler Sklerose entwickeln sich anhand von Episoden mit Schüben und Remissionen. Eine Schwangerschaft sollte daher mit dem medizinischen Team und dem Neurologen geplant werden: Es wird ein Zeitraum gewählt, in dem das Auftreten von Schüben seltener ist, um Symptome wie eine Verstärkung der Spastik oder depressive Phasen sowie andere mögliche Störungen zu vermeiden, die in den ersten Monaten der Schwangerschaft ausgeprägter sein können.
Muss man mit der Grundbehandlung aufhören?
Es ist unbedingt erforderlich, den Rat eines Neurologen einzuholen, wenn darüber nachgedacht wird, eine Behandlung abzubrechen. Der Arzt entscheidet, ob die Behandlung für das Kind schädlich ist oder nicht. Im Allgemeinen können die ältesten injizierbaren Medikamente (mit denen wir die meisten Erfahrungen haben) zu Beginn der Schwangerschaft weitergenommen werden. Die Idee ist, zuerst die Empfängnisverhütung abzusetzen und zu Beginn der Schwangerschaft unter ärztlicher Aufsicht die Grundbehandlung (immunmodulatorische Behandlung) zu beenden. Manchmal kann auch die Fortsetzung der Behandlung in Betracht gezogen werden, wenn die Krankheit sehr aktiv ist.
Darüber hinaus sollten immunsuppressive Behandlungen wie mit Cyclophosphamid oder Mitoxantron abgesetzt werden, wenn eine Schwangerschaft in Betracht gezogen wird. Zwischen dem Absetzen der Therapie und dem Beginn einer Schwangerschaft wird ein Zeitraum von 3 bis 6 Monaten empfohlen.
Es sollte ebenfalls angemerkt werden, dass empfohlen wird, die Einnahme von Natalizumab 3 Monate vor dem Absetzen der Empfängnisverhütung zu beenden sowie 2 Monate bei Fingolimod. Es wurde gezeigt, dass diese Moleküle bei Tieren Fehlbildungen hervorrufen können.
Alle diese Risiken werden vom Neurologen bewertet, der die Entscheidung mit seiner Patientin trifft.
Werde ich meinem Kind MS vererben?
Kinder von Müttern mit MS haben ein um 2-3% höheres Risiko als die allgemeine Bevölkerung, an MS zu erkranken. In der Realität handelt es sich dabei eher um die Vererbung eines autoimmunen Feldes als um ein spezifisches MS-Gen. Dieses autoimmune Feld betrifft mehrere Krankheiten, die mit dem Verlust der Toleranz des Immunsystems zusammenhängen, die sogenannten Autoimmunkrankheiten.
Eine gute Schwangerschaft verleben
Eine Schwangerschaft bei einer Frau mit MS gilt nicht als „Risikoschwangerschaft“, es sind keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.
Auf welche körperlichen Veränderungen muss man sich einstellen?
Es ist üblich, dass die Spastik (erhöhter Muskeltonus, der sich in Krämpfen, Muskelsteifheit oder Kontrakturen äußert) in den ersten Schwangerschaftsmonaten zunimmt. Dies ist ein wichtiges Zeichen, das bei einer Frau mit MS vor allem im Bereich der Blase liegt, gegebenfalls auch bei den unteren und oberen Gliedmaßen, was sich zu Beginn der Schwangerschaft verstärken kann. Manchmal, wenn dieses Phänomen die Bauchdecke betrifft, kann die Spastik zu Kontraktionen des Abdomens führen, die mit Schmerzmitteln behandelt werden können. Diese Kontraktionen sind nicht uterin, sondern abdominal.
Wie steht es mit den Schüben?
Das Risiko eines Schubs während der Schwangerschaft, ist sehr gering, insbesondere bei sogenannten „gut eingestellten“ Frauen vor ihrer Schwangerschaft. Tatsächlich bestätigt sich diese Beobachtung ab dem ersten Trimester der Schwangerschaft und wird durch zahlreiche wissenschaftliche Studien gestützt. Während der Schwangerschaft findet eine Veränderung der Immunantwort statt, die sich als Reaktion im Körper erklärt: Er wird toleranter, um eine Abstoßung des Fötus zu vermeiden. Dieses Phänomen hat eine größere Auswirkung während des letzten Trimesters der Schwangerschaft, wo die Schübe im Vergleich zum Jahr vor der Schwangerschaft um 70% zurückgehen.
Darüber hinaus verschlechtert sich die neurologische Degeneration, der die Patientinnen eigentlich ausgesetzt sind, nicht oder wird durch die Schwangerschaft zumindest nicht beschleunigt. Das Fortschreiten der Krankheit ist unvermeidlich, eine Schwangerschaft erhöht aber nicht das Risiko einer Behinderung oder Invalidität.
Was sollte man bei Schüben während der Schwangerschaft tun?
Vorsichtshalber ist es am besten, Kortikosteroide während der Schwangerschaft zu vermeiden. Es wurde aber nicht festgestellt, dass das Risiko von Missbildungen höher ist als für die allgemeine Bevölkerung. Gewohnte Kortikosteroid-Injektionen können vorgenommen werden, eventuell kann ein Schub im Krankenhaus beobachtet werden. Im Großen und Ganzen stellt die Verwendung von Kortikoiden kein Risiko dar, weder für das Kind, noch für die Mutter. Wenn die Gabe von Kortikoiden kurz vor der Geburt stattgefunden hat, wird die Neugeborenenuntersuchung (Diurese, Blutzucker, Gewicht) dahingehend genauer durchgeführt.
Die Geburt: Was erwartet Sie? Und danach?
Die Geburt
Abgesehen davon, dass das Geburtshilfe-Team über das Vorliegen der Krankheit Bescheid wissen sollte, sind für die Geburt keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Epiduralanästhesie oder ein Kaiserschnitt sowie alle anderen geburtshilflichen Eingriffe können wie bei jeder anderen Schwangerschaft in Betracht gezogen werden. Gegebenenfalls werden der Geburtshelfer oder die Hebamme darauf achten, einen zu langen Geburtsvorgang oder unbequeme und schmerzhafte Positionen zu vermeiden.
Stillen und Wiederaufnahme der Behandlung
Stillen ist bei Multipler Sklerose nicht kontraindiziert.
MS nach der Geburt?
Studien zeigen, dass 20-30% der Frauen innerhalb von drei Monaten nach der Geburt einen Schub haben. Es sollte mit dem Neurologen besprochen werden, der das Risiko einschätzen kann, denn es ist möglich, diese postpartalen Schübe durch medikamentöse Therapien zu verhindern.
Schwangerschaft und MS schließen sich somit nicht aus. Letztlich geht es darum, dieses Ereignis so gut wie möglich zu planen, um eine optimale Versorgung zu ermöglichen und die Schwangerschaft gelassen zu verleben.
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