Alle Informationen über Long COVID

Nach der ersten Welle von COVID-19-Fällen in Europa kam jedoch eine neue Form dieser Erkrankung auf: Es handelt sich um „Long COVID“, auch „Post COVID“ genannt.

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Long COVID: Alles, was Sie wissen müssen

Was ist Long COVID?

Definition

Seit Beginn der COVID-19-Epidemie wurden drei akute Formen der Krankheit identifiziert:

  • Eine milde Form: zwischen Auftreten der Symptome (Fieber, trockener Husten, Kopfschmerzen, Geschmacks- und Geruchsverlust, …) und Genesung liegen etwa 14 Tage
  • Eine schwere Form: Die Anfangssymptome sind identisch mit denen der milden Form, aber es treten mehr oder minder schwere Komplikationen auf (Atembeschwerden bei Lungenentzündungen und Sauerstoffmangel, Entzündungssyndrom, Herzrhythmusstörungen, Bildung von Blutgerinnseln, …), was einen Krankenhausaufenthalt oder gar eine Verlegung auf die Intensivstation erfordert
  • Eine asymptomatische Form (40 bis 45% der Fälle): Der Patient verspürt keinerlei Symptome, ist aber dennoch ansteckend.

>> Für weitere Informationen zu COVID-19, lesen Sie gerne unseren Artikel „Covid-19, eine Atemwegserkrankung?

Nach der ersten Welle von COVID-19-Fällen in Europa kam jedoch eine neue Form dieser Erkrankung auf: Es handelt sich um „Long COVID“, auch „Post COVID“ genannt.

Long COVID betrifft Patienten, die mehrere Wochen, gar mehrere Monate nach der eigentlichen Erkrankung noch anhaltende oder wiederkehrende Symptome aufweisen. Diese Symptome können auch nach einer scheinbaren Remission wieder auftreten und sind sehr behindernd.

SARS-CoV-2 ist nicht das erste Virus, bei dem solche Langzeitfolgen auftreten. Andere Viruserkrankungen wie Ebola, Mononukleose oder SARS (Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom) verursachen ebenfalls mehr oder wenige langfristige Probleme.

Das Chikungunya-Virus kann hier ebenfalls erwähnt. Dem französischen Institut Pasteur zufolge können die durch dieses Virus hervorgerufenen Gelenkschäden mehrere Monate bis zu mehreren Jahren nach der Primärinfektion andauern. Eine südafrikanische retrospektive Studie zeigte, dass 10% der Patienten drei bis fünf Jahre nach einer akuten Chikungunya-Virusinfektion betroffen sind. Darüber hinaus sei ein fortgeschrittenes Alter des Patienten ein Faktor, der Langzeitfolgen begünstige.

Es ist wichtig, zwischen den Folgeerscheinungen von Covid (anatomisch nachweisbare Läsionen und anhaltende pathophysiologische Störungen) und den Störungen, die nach einer COVID-19-Infektion aufkommen, zu unterscheiden.

Nach vielen Kontroversen zum Thema Long COVID (reale Existenz, psychische Probleme, …) wurde diese Krankheit Ende August 2020 als solche von der WHO anerkannt.

Kommt Long COVID häufig vor?

Die genaue Prävalenz von Long COVID ist noch nicht bekannt, aber es scheint, dass etwa 10% der Patienten auch drei Wochen nach Ausbruch der Krankheit noch Symptome zeigen.

Long COVID betrifft Patienten, die an einer schweren Form der Krankheit gelitten haben, aber auch Patienten mit leichteren Symptomen.

Auch wenn Long COVID nur eine Minderheit der Erkrankten betrifft, könnte die beträchtliche Anzahl an Menschen, die sich weltweit mit der Krankheit angesteckt haben, Long COVID zu einem wirklichen Gesundheitsproblem der Bevölkerung machen. Es werden aber noch weitere Daten benötigt, um die möglichen Langzeitfolgen von COVID-19 besser verstehen zu können.

Der Studie PERSICOR zufolge, die im „Journal of Infection“ veröffentlicht und im Rahmen von „Post COVID“-Sprechstunden des Hôtel Dieu in Paris durchgeführt wurde, entsprechen die Patienten, die an Long COVID leiden, nicht dem biologischen Profil, das man erwarten würde: Sie sind relativ jung, zwischen 30 und 60 Jahre alt, mit einem Durchschnittsalter von 45 Jahren. 79% waren Frauen und die Hälfte von ihnen trieb regelmäßig Sport. Es sollte ebenfalls festgehalten werden, dass etwa die Hälfte der Betroffenen einen allergischen Background hatte, und 13% einen Fall von Autoimmunerkrankungen in der familiären Vorgeschichte.

Eine nationale Arbeitsgruppe mit dem Namen „Cocolate“ wurde vom Krankenhaus im französischen Tourcoing eingerichtet. Diese umfasst mehr als 1 000 Patienten mit Long COVID-Symptomen und wird somit ermöglichen, die Ursachen für das Fortbestehen der Symptome zu identifizieren, die klinischen Aspekte dieser Symptome genau zu beschreiben und ihre Entwicklung über die Zeit zu beobachten.

Symptome und Komplikationen von Long COVID

Während der Persistenz- oder Rezidivphasen können sich die Symptome von den ursprünglichen unterscheiden, die beim ersten Kontakt mit dem Virus beobachtet wurden.

Diese Symptome können sehr vielfältig sein, wie die etwa 50 identifizierten Symptome der französischen comPaRe-Studie zeigen.

Quelle: Studie ComPaRe

Das am häufigsten genannte Symptom ist Müdigkeit, oft in extremem Ausmaß (Asthenie). Sie wird oft durch Anstrengung (körperlich oder geistig) verschlimmert und kann den Patienten dazu zwingen, seine Arbeit zu unterbrochen, die nach der Krankheit wieder aufgenommen wurde.

Unter den weiteren häufig erwähnten Symptomen finden sich Kurzatmigkeit (Dyspnee), anhaltender Husten, Gelenk- und Muskelschmerzen, Hör- und Sehstörungen, Kopfschmerzen, Geruchs- (Anosmie) und Geschmacksverlust (Agueusie), verstärkter Haarausfall (Alopezie) sowie Läsionen an Herz, Lunge, Nieren und Darm.

Es wurde ebenfalls von psychischen Problemen berichtet, vor allem von Depressionen und Angstzuständen, aber auch von Gedächtnis- und Konzentrationsproblemen.

Diese Symptome schwanken (wechselnde Perioden mit Symptomen und Remission) und variieren je nach Patient in Häufigkeit und Dauer (sie können wöchentlich oder sogar täglich auftreten).

Mit der Zeit scheinen diese Phasen weniger stark zu werden und in größeren Abständen aufzutreten.

Ursachen und Risikofaktoren für Long COVID

Die Ursachen für Long COVID sind noch nicht genau bekannt, aber es können verschiedene Hypothesen aufgestellt werden:

  • In seltenen Fällen kann das Virus im Körper einiger Patienten an verschiedenen Stellen des Körpers fortbestehen (einschließlich Nasopharynx und Magen-Darm-Trakt) und sich gegebenenfalls vermehren oder auch nicht.
  • Mögliche, aber seltene, Wiederinfektion mit SARS-CoV-2
  • Immundysfunktion (übermäßige und unangemessene Immunantwort), bei Menschen mit bestimmtem genetischen Background, was zu postinfektiösem Rheuma oder Perikarditis führen kann
  • Chronisches Müdigkeitssyndrom, auch bekannt als myalgische Enzephalomyelitis, das nach einer infektiösen Episode auftreten kann
  • Posttraumatische Belastungsstörung, die zu sogenannten somatoformen Störungen führen kann, die durch pathophysiologisch nicht erklärbare Symptome gekennzeichnet sind

Darüber hinaus legen Forschungen am Menschen nahe, dass SARS-CoV-2 auf das ACE2-Protein (Angiotensin Converting Enzyme 2) angewiesen ist, um Menschen zu infizieren, und im Blukreislauf zirkulieren kann, um mehrere Organe zu erreichen.

Forscher der UCLA (University of California in Los Angeles) fanden so in Mausmodellen, die gentechnisch so verändert werden, dass sie die menschliche Form von ACE2 besitzen, heraus, dass SARS-CoV-2 die Energieproduktion in den Zellen des Herzens, der Nieren, der Milz sowie anderer Organe abschalten kann.

Das Virus verändert somit nicht nur vorübergehend die Gene einiger Zellen, sondern das Virus bringt auch epigenetische Veränderungen hervor (chemische Veränderungen der DNA-Struktur), die länger anhaltende Auswirkungen haben. Dies könnte erklären, warum manche Personen mit COVID-19 noch Wochen oder Monate, nachdem ihr Körper das Virus losgeworden ist, immer noch Symptome zeigen.

Darüber hinaus hat eine Studie des King’s College in London, die im Oktober 2020 durchgeführt wurde, verschiedene mögliche Risikofaktoren für Long COVID aufgezeigt:

  • Alter (relativ junge Patienten)
  • Geschlecht (Frauen neigen eher dazu, Long COVID zu bekommen)
  • Übergewicht (BMI > 25)
  • Asthma
  • Vorhandensein von mehr als fünf Symptomen während der ersten Woche der COVID-19-Infektion (z.B. Husten, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Durchfall, Geruchsverlust).

Diagnose von Long COVID

Bestimmte medizinische Untersuchungen können in Betracht gezogen werden, wenn die Symptome nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 weiter bestehen:

  • Ein Thorax-Angiogramm: zum Ausschluss einer Lungenembolie und zur Identifizierung möglicher Lungenläsionen
  • Ein Herzultraschall: um eine Entzündung des Herzmuskels (Myokarditis) oder der umgebenden Membran (Perikarditis) erkennen zu können
  • Ein Entzündungsblutbild
  • Ein Autoimmun-Blutbild: Immunglobulinbestimmung, Proteinelektrophorese, Suche nach Antikörpern
  • Eine Untersuchung der Schilddrüsenwerte
  • COVID-Bluttest (Vorhandensein von COVID-19-Antikörpern im Blut) oder ein PCR-Test (der das Fortbestehen des Virus im Nasopharynx aufzeigen kann, manchmal noch mehr als sechs Monate nach der Erstinfektion)

Es ist wichtig, anzumerken, dass ein COVID-Test (PCR oder serologisch) bei erkrankten Personen negativ ausfallen kann: Ein positiver Test sollte daher keine Voraussetzung für die Diagnose von Long COVID sein.

Ein Blut-Ionogramm kann ebenfalls durchgeführt werden, um den Gehalt an Blut-Ionen (Natrium, Chlor, Kalium) sowie den Vitamin- und Mineralspiegel im Blut (Vitamin B1, B6, B9, B12, Kupfer, Zink, Magnesium, Kalzium, Eisen) hervorzuheben.

Behandlung von Long COVID

Obwohl es ermutigende Hinweise darauf gibt, dass einige antivirale oder immunsuppressive Medikamente bei der Behandlung von Patienten in einer akuten Phase der COVID-19-Infektion von Nutzen sein können, wurde noch nicht nachgewiesen, dass sie auch bei der Behandlung von Long COVID helfen können.

Derzeit ist die einzige Indikation zur Verwendung von verschreibungspflichtigen oder rezeptfreien Medikamenten die Linderung von Symptomen wie Schmerzen und Kopfschmerzen (wie Paracetamol).

Darüber hinaus könnte sich eine Vitamin-D-Supplementierung, insbesondere für Menschen mit COVID-19, positiv auswirken (um einen optimalen Spiegel von etwa 60 ng/mL).

Sobald die Diagnose Long COVID feststeht oder auch nicht, ist es notwendig, jedes Symptom zu behandeln, um eventuelle schwere Erkrankungen zu beseitigen (zum Beispiel hat sich Aspirin bei Patienten mit Perikarditis bewährt) und die erforderlichen Untersuchungen durchzuführen.
Verschiedene Krankenhäuser haben Abteilungen eröffnet, die sich mit Long COVID beschäften (dies ist z.B. der Fall bei der Helios-Klinik in Wiesbaden oder der Brandenburg-Klinik in Wandlitz).

Wenn ein Patient ein Hyperventilationssyndrom aufweist, kann eine Atemwegs- oder Belastungsrehabilitation sinnvoll sein. Sie besteht aus einem Bewegungstraining mit Atem- und Muskelübungen (Ergometer, Fahrrad, Laufband oder Rudergerät) und Atemphysiotherapie zur Ermöglichung einer bronchialen Drainage. Dies kann in einem Krankenhaus, spezialisierten Zentren oder zu Hause stattfinden.

Darüber hinaus können nicht-medikamentöse Behandlungen, wie z.B. an den Körper angepasste körperliche Aktivitäten, die vom medizinischen Fachpersonal überwacht werden, Yoga, Meditation, Hypnose, Akupunktur, aber auch Verhaltens- und kognitive Therapien bei der Behandlung von Long COVID von Nutzen sein.

Schließlich ist es wichtig, sich auszuruhen und regelmäßig Flüssigkeit zu sich nehmen.

Eine psychologische Betreuung kann ebenfalls hilfreich sein, vor allem bei Patienten mit Angstzuständen.

Leben mit Long COVID

Ein paar grundlegende Tipps können helfen, mit den Symptomen umzugehen und im Alltag besser klarzukommen, wenn man an Long COVID leidet.

Umgang mit Müdigkeit und Kurzatmigkeit

  • Das Tempo anpassen: Planen, was zu tun ist und sich nicht zu sehr anstrengen
  • Versuchen, Aufgaben, die schwierig scheinen, in mehrere Etappen aufzuteilen und die leichtesten und schwierigsten Tätigkeiten abzuwechseln
  • Überlegen, zu welcher Tageszeit bestimmte Aktivitäten am besten durchgeführt werden können, je nach Energielevel
  • Häufig kurze Pausen sind besser als einige längere Pausen: Es ist wichtig, sich auszuruhen, bevor man überlastet ist
  • Nicht aufhören, Dinge zu tun, die einen außer Atem bringen: Wenn man aufhört, seine Muskeln zu benutzen, werden sie schwächer, was einen noch mehr aus der Puste bringt, wenn man sich bewegen möchte
  • Die Übungen sollten allmählich gesteigert werden: Kurze Spaziergänge oder einfache Kraftübungen und diese nach und nach in Dauer und Intensität steigern.

Seine Stimmung anheben und psychisch gesund bleiben

  • Bei der Genesung geduldig mit sich selbst bleiben: Man sollte darauf vorbereitet sein, dass manche Tage härter sind als andere
  • In Kontakt mit anderen Personen treten (unter Einhaltung der Barrieremaßnahmen: Telefon, soziale Netzwerke und Foren wie das von Carenity zu Long COVID, oder physisch mit einer Maske für alle Anwesenden) kann dabei helfen, sich glücklicher zu fühlen: Familie, Freunde, andere Patienten mit Long COVID, …
  • Patientenvereinigungen wie Long COVID Deutschland Initiative wurden ebenfalls gegründet, um sich für eine Anerkennung und bessere Betreuung dieser Erkrankung einzusetzen.
  • Eine tägliche Routine zu haben kann gut für die Stimmung das Gefühl von Stabilität sein. Aktiv sein, in Bewegung bleiben hilft, Endorphine freizusetzen und die Stimmung zu verbessern.

Tipps bei Denk- und Gedächtnisproblemen

  • Sich Notizen machen, um sich an Dinge zu erinnern (z.B. bei Meetings oder Arztterminen)
  • Versuchen, die Ablenkungen einzugrenzen
  • Einen klaren Plan erstellen, bevor ein neues oder kompliziertes Problem oder Situation angegangen werden. Alles sollte in Schritte unterteilt und nach und nach überprüft werden

Linderung von Gelenk- und Muskelschmerzen

  • Durchführen von Flexibilitätsübungen (z.B. Stretching, Yoga und Tai-Chi) sowie Kraftübungen (z.B. Treppensteigen, Gewichtheben, Arbeit mit elastischen Bändern). Es ist jedoch notwendig, mit seinem Arzt zu sprechen, bevor ein neues Trainingsprogramm begonnen wird

Schließlich ist es wichtig, seinen Arzt zu informieren, wenn nach einer COVID-19-Infektion gesundheitliche Probleme auftauchen, insbesondere wenn sich die Symptome verschlimmern oder neue aufkommen. In der Tat gilt zu beachten, dass COVID auch bereits bestehende Erkrankungen wie Diabetes beeinflussen kann, sodass die Kontrolle des normalen Blutzuckers gestört sein kann.

Fazit

Bisher haben sich die Bemühungen vor allem auf den Kampf gegen das Virus und der Reduzierung der Todesfälle während der Pandemie konzentriert. Nichtsdestotrotz wird jetzt das Auftreten von Langzeitfolgen von COVID-19-Infektionen beobachtet, was eine Betreuung erfordert.

Angesichts dieser klinischen Rätsel und eines Virus, von dem bis vor kurzem noch niemand etwas gehört hatte, bleiben einige Fragen offen: Warum leiden manche Menschen an Long COVID? Wie lange kann die Krankheit dauern? Erfahren alle Patienten eine komplette Remission? Schließlich ist es wichtig festzustellen, ob diese Symptome tatsächlich mit COVID-19 in Verbindung stehen, und wenn ja, durch welche Mechanismen.

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Autor: Alexandre Moreau, Assistent für digitales Marketing

Innerhalb des Digital Marketing-Teams ist Alexandre für das Verfassen von Krankheits-Infoblättern und wissenschaftlichen Artikeln zuständig. Er ist auch für die Moderation und Animation der... >> Mehr erfahren

Wer hat es korrigiert: Alexis Astruc, Klinikleiter und Allgemeinmediziner

Dr. Alexis Astruc, Klinikleiter und Allgemeinmediziner, ist an der Universität Sorbonne Paris Nord (ehemals Universität PARIS 13) und Arzt im... >> Mehr erfahren

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